Witten. . Vize-Bürgermeisterin Beate Gronau ist gerade der Rücktritt von Hannelore Kraft nahe gegangen. Trauer und Entsetzen herrschen im Ratskeller.
Die große Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen sorgt trotz besserer Zahlen vor Ort für blankes Entsetzen bei den Wittener Genossen. Als Hannelore Kraft ihren Rücktritt verkündet, fließen Tränen.
Beate Gronau (66), Erste Stellvertretende Bürgermeisterin, versucht gar nicht erst zu verbergen, dass sie geweint hat. „Das tut mir richtig im Herzen weh“, sagt die gestandene Sozialdemokratin. „Ich kann es nicht fassen, dass hier in NRW mit einer so toughen Frau wie Hannelore Kraft nun alles zuende sein soll und alles am Scheideweg steht“, sagt Gronau. Es ist ein Wahlabend voller Emotionen.
„Wir haben umsonst gekämpft"
Obwohl die Union im Land der große Gewinner ist, hier unten im Ratskeller ist es eigentlich so wie immer. Deutlich sichtbarer ist die SPD, sie hat den langen Tisch mit den roten Fähnchen reserviert. Daran sitzen ein paar Genossen und gucken entsetzt, ja fassungslos, als die ersten Hochrechnungen über die Leinwände flimmern.
„Wir haben umsonst gekämpft“, sagt Marlies Valerius (72) vom SPD-Ortsverein Mitte. „Ich finde es traurig.“ Ihr Sohn Martin (51) sucht nach Gründen. Schnell fällt der Name von Innenminister Ralf Jäger. Dass Kraft ihn nicht entlassen hat, halten viele Genossen für einen Fehler.
Von einem „schwarzen Tag für NRW“ spricht SPD-Fraktionschef Uwe Rath. Die CDU habe gute Themen besetzt, Sicherheit, Schule und Verkehr zum Beispiel. Auch er bedauert den Rücktritt von Hannelore Kraft. Dass unter einer CDU-geführten Regierung nun alles besser werden soll, kann der Sozialdemokrat nicht glauben. „Ich befürchte, dass die Kommunen unter der neuen Regierung leiden.“
Gegen 19.30 Uhr ebbt die Schockwelle etwas ab, die die Wittener SPD nach den ersten Hochrechnungen erfasst hat. Der Sieg von Direktkandidatin Nadja Büteführ zeichnet sich klar ab. Geheime Ängste, der CDU-Erfolg auf Landesebene könne womöglich auch voll in Witten durchschlagen – sie bewahrheiten sich nicht, wenngleich Partei und Kandidatin ebenfalls spürbar Stimmen gegenüber 2012 einbüßen.
Als Nadja Büteführ gegen 20 Uhr zu den Parteifreunden im Ratskeller spricht, ist die Stimmung schon wieder besser. Es sei ein wichtiges Signal, dass sie den Wahlkreis gewonnen habe und die SPD in Witten wieder stärkste Partei geworden ist, ruft die Fraktionschefin aus Herdecke. Da brandet Applaus auf.
Um 20 Uhr wird die Stimmung besser
Bürgermeisterin Sonja Leidemann, der Büteführ für ihre Unterstützung „im Hintergrund“ dankt, gratuliert mit Blumen und die geschmierten Brötchen schmecken auch schon wieder etwas besser. Die neue Abgeordnete verspricht ihren Anhängern: „Wir werden an unseren Idealen festhalten.“ „Wir haben eine starke Stimme vor Ort und ich setze mich dafür ein, die Belange beider Städte zu verteten.“
In die zweite Stadt, die sie meint, nach Herdecke, ist derweil ihr Herausforderer von der CDU gefahren. Simon Nowack hat zwar erneut verloren. Doch seine Partei ist an diesem Abend zusammen mit der FDP der große Sieger.