Witten. . Aus den Wäldern ins Atelier: Bildhauer Vasilij Plotnikov zeigt vor allem Holzskulpturen in Annen. Dort tut sich viel in Sachen Kunst.
- Bildhauer Vasilij Plotnikov stellt ab Freitag (5. April) in der Galerie Himmelstropfen aus
- Der gebürtige Russe spielte als Kind viel in den Wäldern, nun ist Holz sein Lieblingsmaterial
- Er zeigt seine Arbeiten erstmals im Ruhrgebiet und in Annen, wo sich gerade viel in Sachen Kunst tut
Die Kunst erobert sich derzeit in Annen ihren Platz: Wer auf der Bebelstraße Richtung Geschwister-Scholl-Straße läuft, der passiert immerhin drei Galerien, die zwischen türkischem Gemüsehändler, Shisha Bar, Café, Wettbüro und dem alteingesessenen Haus Eckey Gemälde und Skulpturen zeigen. Einander gegenüber liegen das Atelier „Eigenartich“ von Dr. Birgit A. Wewers und der Kunstraum von Stefanie Kainhorst. Ein Stückchen weiter öffnet die Galerie Himmelstropfen am Freitag (5. April) wieder ihre Türen für alle interessierten Bürger.
Frank Schlawin, neben Vivian Knoth und Jonas Heinevetter Mitinhaber der Räume, in denen regelmäßig neue Ausstellungen zu sehen sind, freut sich über die kulturelle Entwicklung im Stadtteil. Träumt von einem Kunstcafé, das vielleicht noch ein leeres Ladenlokal füllen könnte, und von Montmartre-ähnlichen Zuständen – also Künstlern, die wie auf dem Pariser Hügel draußen ihre Bilder malen. Doch bevor es im Dezember tatsächlich ein gemeinsames Fest auf der „Galeriestraße“ geben wird, zeigt Vasilij Plotnikov im Himmelstropfen erst mal seine Arbeiten.
„Quer Durch“ – der Ausstellungstitel ist Programm. Der 45-Jährige präsentiert eine Vielfalt an Werken, die sein Leben widerspiegeln. Denn das verlief alles andere als geradlinig. Plotnikov wuchs im russischen Sochi an der Schwarzmeerküste auf und kam mit 20 Jahren illegal nach Deutschland. Wurde 1994 wieder abgeschoben, lebte in Tschechien und kam 1995 erneut nach Deutschland. Nach seiner Ausbildung zum Holzbildhauer in Flensburg lebt er heute in der Oberpfalz.
Vasilij Plotnikov arbeitet auch mit Keramik, Messing oder Blei, doch dem Holz gehört seine größte Wertschätzung. Das liebt er schon seit seiner Kindheit, die er oft draußen in den Wäldern verbrachte. Aus Mangel an Spielzeug nutzten er und seine Brüder, was die Natur so hergab. Aus Holz entstanden später Miniaturen wie der kleine Vogel, der aus dem Ei schlüpft, und symbolisch an den Ursprung der Kindheit erinnert. Große Holzstücke bearbeitet der Künstler aber auch mal brachial mit der Kettensäge – um daraus fast zerbrechlich wirkende Strukturen zu schaffen.
Skulpturen aus Akazie und Linde, aber auch aus 5000 Jahre alter, fast schwarz gefärbter Mooreiche zeigen den unterschiedlichen Umgang mit dem Material. „Turbulenz“ etwa nennt Plotnikov das in sich verdrehte Wacholderstück, dem er die Grundform ließ und nur die Linienverläufe akzentuierte.
Der Bildhauer übt mit seiner Kunst aber auch Gesellschaftskritik: Das Bleirelief aus Gesichtern steht in einer mit Stacheldraht umwickelten Kiste. Der Draht ist zerschnitten – so wurde aus der „Gefangenschaft“ die „Befreiung“. „Jeder ist selbst für sein Schicksal verantwortlich“, sagt Plotnikov. Und ist selbst das beste Beispiel dafür, wie Integration gelingen kann.
>> DIE ERÖFFNUNG
Die Ausstellung „Quer Durch“ wird am Freitag, 5. Mai, um 19 Uhr in der Galerie Himmelstropfen, Geschwister-Scholl-Str. 3, eröffnet. Bei der Vernissage spielt Geiger Clemens Ratajzcak von der Essener Philharmonie.
Vasilij Plotnikovs Arbeiten sind bis zum 3. Juni in Annen zu sehen. Der Galeriebesuch ist kostenlos. Jeder ist willkommen.