Witten. . Ordensschwestern sprechen über das Leben im Karmelitinnen-Kloster. Besucher stellen Fragen – und lernen, dass Tradition auch modern geht.

  • 30 Wittener nehmen an einer Veranstaltung des Stadtmarketings im Karmelitinnen-Kloster in Annen teil
  • Während eines Vortrags zeigt Schwester Brocarda auch Bilder aus dem Alltag
  • Die Besucher erfahren auf amüsante Weise, was es bedeutet, im Kloster zu leben

Wie sieht eigentlich das Leben hinter Klostermauern aus? Eine Frage, die scheinbar viele interessiert – zumal die Führungen des Stadtmarketings zum Kloster der Karmelitinnen in Annen regelmäßig ausgebucht sind.

Auch am Wochenende haben sich rund 30 Teilnehmer zusammengefunden, um einen Blick „hinter die Kulissen“ des Klosters zu werfen. Wer allerdings Rundgänge durch romantische Gärten oder einen Blick in die Zellen der Schwestern erwartet hatte, wurde enttäuscht: Die Führung beschränkt sich auf Wort und Bild. Im Vortragsraum des Klosters erzählt Schwester Brocarda von der Geschichte des Ordens, dem Aufbau des Klosters in Witten nach dem Krieg und dem Alltag der Karmelitinnen, unterlegt von zahlreichen Dias. Dass das mindestens ebenso spannend ist wie eine „echte“ Führung, zeigt sich sehr schnell. Informativ und vor allem mit viel Herz und Humor gestaltet die Ordensschwester, die bereits seit 40 Jahren im Kloster der Karmelitinnen lebt, ihren lebendigen Vortrag.

Amüsanter Blick in die Vergangenheit

Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass bereits die Gründerin des Schwesternordens, Teresa von Avila, eine besondere Persönlichkeit war. Obwohl sie als jüdische Adlige im 16. Jahrhundert nicht aus freien Stücken zum katholischen Glauben konvertierte, ging sie doch ganz in ihrem Dasein als Ordensschwester auf und erwies sich als sehr mutige und streitbare Frau, die in der Inquisition ihren schweren Weg unbeirrt verfolgte. Und ebenso wie Schwester Brocarda war auch Teresa offensichtlich mit viel Humor gesegnet: Als auf einer beschwerlichen Reise ihr Eselkarren zusammenbrach, fragte sie Gott im Gebet, ob er denn allen Ernstes seine Freunde so behandle? Und auf die Antwort „Ja“ entgegnete sie schlagfertig: „Dann musst du dich auch nicht wundern, dass du nur so wenige hast.“

Ordensschwestern präsentieren sich im Netz

Der Honig, den die ausgebildeten Imkerinnen Schwester Margarita und Maria Martha gewinnen, wurde 2016 als bester Honig des EN-Kreises ausgezeichnet. Er ist für den Eigenbedarf des Klosters gedacht. Die wenigen Überschüsse, die verkauft werden, sind immer sehr schnell vergriffen.

Das Kloster der Karmelitinnen hat eine eigene Internetseite. Dort kann man sich ausführlich über die Geschichte des Ordens, des Wittener Klosters und auch über das Alltagsleben der Schwestern informieren: www.karmel-witten.de.

Gebannt hören die Besucher Schwester Brocardas Erläuterungen über den Alltag im Kloster zu. Im Mittelpunkt des Lebens der 12 Schwestern stehen Gebet und Kontemplation: „Das Ziel dieser christlichen Form der Meditation ist nicht die Erleuchtung, sondern die Vermehrung der Liebe zu Gott und zum Nächsten.“ Der Tag im Kloster beginnt um 5.45 Uhr und endet um 20 Uhr. Dazwischen liegen Gebete, Mahlzeiten und auch Arbeit. Im Gegensatz zu den „tätigen“ Orden nimmt die weltliche Arbeit bei den Karmelitinnen relativ wenig Zeit ein. In diesen knapp bemessenen Stunden werden in der hauseigenen Bäckerei Hostien gebacken, in der Imkerei Honig hergestellt und im kleinen Atelier Kerzen kunstvoll verziert.

Ordensschwester beantwortet Fragen

Viele der Besucher haben Fragen, die Schwester Brocarda gern beantwortet. Gibt es ein Schweigegebot? „Nicht tagsüber. Der Austausch zwischen uns ist nötig und auch wünschenswert. Aber wir halten keine überflüssigen Pläuschchen.“ Wie finanziert sich der Orden? „Selbständig. Unser Standbein ist die Hostienbäckerei.“ Ganz nebenbei erfährt man noch, dass jedes Kloster ein gemeinnütziger Verein ist, dass die Ordensschwestern sich über Fernsehen und Internet auf dem Laufenden halten über die Ereignisse in der Welt, und dass die Leiterin ihrer Gemeinschaft, die Priorin, alle drei Jahre demokratisch von den Mitschwestern gewählt wird.

Bilder vermitteln einen Eindruck der bescheidenen Lebensweise, zeigen die kleinen Schlafzellen und das Refektorium, aber auch fröhlichen Austausch und herzliches Miteinander in den Gemeinschaftszeiten. Es ist kein fremdes Universum, das sich da hinter den Klostermauern verbirgt. Sondern einfach nur eine besondere Art zu leben.