Witten. . Das Mittelstück bekommt den ersten „Endausbau“. Die Anwohner hatten sich vergeblich dagegen gewehrt. Sie fürchten die hohen Pflichtbeiträge.
- Die Straße auf dem mittleren Stück wird neu aufgebaut. Sie erhält einen Regenwasserkanal und einen Bürgersteig
- Laut Stadt Witten handelt es sich um den ersten Endausbau der Straße. Bisher habe sie eher einen „Baustraßencharakter“ gehabt
- Dagegen hatten sich die Anwohner vergeblich gewehrt. Auf sie kommen hohe Kosten zu. Einige wollen dagegen angeblich klagen
Der Verkehrsausschuss hat den Ausbau der Waldstraße auf dem mittleren Stück zwischen der scharfen Kurve und der Einmündung Kleine Borbach beschlossen. Ein Großteil der Anwohner hatte sich dagegen vergeblich gewehrt. Auf sie kommen hohe Pflichtbeiträge zu, die sich im Einzelfall bis 60 000 Euro summieren können.
Ernüchtert verließen 15 Grundstückseigentümer, die die Entscheidung verfolgt hatten, das Rathaus. „Da kommt eine Klagewelle auf die Stadt zu“, schätzt Anwohner Werner Wenzel (60) die Stimmung unter den Nachbarn an der Waldstraße ein.
Stadt Witten weist grundsätzliche Kritik zurück
Dass die Straße am Rande des Buchenholzes erneuerungsbedürftig ist, bestreitet niemand. Die Anwohner führen aber wahlweise ins Feld, dass die Stadt die Straße bereits vor Jahrzehnten ausgebaut, es aber versäumt habe, sie damals abzurechnen. Oder dass die Stadt durch mangelhafte Unterhaltung den maroden Zustand mit herbeigeführt habe. Oder, dass die Wiederherstellung für weniger zu haben sein müsste als für die dafür veranschlagten rund 800 000 Euro.
Die grundsätzliche Kritik weist die Stadt klar zurück: Die Waldstraße sei noch nie „endausgebaut“ worden. Sie weise „eher einen Baustraßencharakter“ auf. Der marode Zustand liege daran, dass sie nie einen Unterbau in ausreichender Stärke erhalten habe und es keinen Regenwasserkanal gebe. Deshalb reiche auch eine reine Deckensanierung nicht – es würden sich schnell wieder neue Risse bilden.
In Einzelfragen zeigt die Gemeinde Entgegenkommen
Bei Detailfragen zeigte sich die Stadt aber kompromissbereit und ging auf Anregungen von Bürgern ein. Einige hätten sich den einseitigen Bürgersteig am liebsten ganz gespart. Die Stadt verwies auf die Fußgängersicherheit und einschlägige Regelwerke, die eine Standardbreite von 2,50 Metern vorsehen. Ein Bordstein (Hochbord) sei wegen der Regenwasserführung unverzichtbar. Sie hat die Gehwegmindestbreite aber von zwei Metern auf 1,75 Meter an der schmalsten Stelle reduziert.
Im Gegenzug erhöht sich die Fahrbahnbreite um 0,25 auf 5,25 Meter. Davon profitiert der fahrende Verkehr, der davon jetzt 3,25 Meter bekommt. Das ist mehr als ausreichend auch für Einsatzfahrzeuge, noch mehr Platz würde aber zum Rasen verleiten. Der Gegenverkehr muss sich in der Anliegerstraße ohnehin eine Lücke suchen.
Stadt: Zwei Meter Breite reichen für Parkstreifen
Bei den aufgemalten Stellplätzen will die Stadt den Platz zwischen den Einfahrten ausreizen, aber es bleibt bei zwei Metern Breite nach der weiter geltenden Norm für Längsstellplätze. Breitere Plätze, so die Stadt, sind zwar neuerdings für Parkhäuser vorgeschrieben – aber wegen der Senkrechtparkplätze dort. Und dort gebe es beim Parken in der Regel auf beiden Seiten „Hindernisse“.
Einige Anwohner möchten auf ihren Grundstücken zudem zusätzliche private Stellplätze einrichten: Dort werden Einfahrten verbreitert – an der Straße fällt ein Platz weg, dafür entstehen in der Regel zwei auf dem Grundstück.
Womit die Grundstückseigentümer rechnen müssen
Die „bittere Pille“ für die Waldstraßen-Anwohner bleiben die Pflichtbeiträge. Dass es dort große Grundstücke gibt und niemand auf der anderen Straßenseite wohnt, macht es für sie besonders teuer.
Erschließungsbeiträge werden für das gefordert, was zum ersten Mal hergestellt wird – wie Straßenaufbau und Entwässerung. 90 % der Kosten werden nach einem Bundesgesetz umgelegt. Nach einer vorläufigen Berechnung der Stadt Witten werden diese Beiträge für die Eigentümer zwischen 2800 und 31 000 Euro liegen.
Außerdem kann die Gemeinde nach einem Landesgesetz zusätzlich Straßenbaubeiträge erheben. Diese werden bei Veränderungen fällig – selbst bei schon erschlossenen und abgerechneten Straßen. Da die Stadt die Waldstraße als Anliegerstraße einstuft, plant sie für Fahrbahn und Beleuchtung jeweils 60 % der Kosten, für den Gehweg 70 % der Kosten umzulegen. Diese Beiträge sollen je Eigner zwischen 2500 und 27 000 Euro liegen.
Manche zahlen nur Straßenbaubeiträge, andere beides
Eine Besonderheit bei der Waldstraße: Für einen Teil der Anliegergrundstücke, deren Wohnhäuser zwischen 1931 und 1961 errichtet wurden (das betrifft 17 von 46 Wohnhausgrundstücken) existieren sogenannte Anbauverträge. Sofern aufgrund dieser Verträge seinerzeit Ablösebeiträge zur Abgeltung von Straßenbaukosten (heutige Bezeichnung: Erschließungsbeiträge) gezahlt wurden, sind die Eigentümer dieser Grundstücke beim geplanten aktuellen Ausbau von Erschließungsbeiträgen befreit. Sie erhalten danach „nur“ einen Straßenbaubeitragsbescheid. Die restlichen Eigentümer müssen aber trotzdem zusammen 90 % der Erschließungskosten übernehmen. Außerdem wird es auch Anwohner geben, die sowohl laut Stadt zu Erschließungskosten als auch zu Straßenbaubeiträgen herangezogen werden.
Die Stadt betont, dass es sich um Kostenschätzungen handelt. Verbindlich seien die Bescheide nach der Fertigstellung der Straße und der Abrechnung. Letztere erwartet sie nicht vor dem Jahr 2021.