witten. Bürger diskutierten mit Stadt und Firmenspitze über die Ardex-Bebauung. Die Turmhöhe ist umstritten: Markenzeichen oder Landschaftszerstörung?

Für Ardex ist es das größte Bauvorhaben der Firmengeschichte. Und für die Rüdinghauser ein erheblicher Eingriff in ihren doch recht beschaulichen Stadtteil. Kein Wunder also, dass die dortigen Bürger nun zahlreich ins Ev. Gemeindehaus an der Brunebecker Straße kamen, um sich von den Stadtplanern, der Ardex-Spitze und Gutachtern den Bebauungsplan vorstellen zu lassen und darüber zu diskutieren.

Einige hundert Meter die Friedrich-Ebert-Straße entlang zieht sich das Firmengelände der Bauchemie-Firma, die rund um den Globus weitere Standorte hat und vielerorts auch Marktführer ist. Der Wittener Standort platzt inzwischen aus allen Nähten. Um die Produktionsabläufe effizienter zu gestalten und die Mitarbeiter, die langfristig um hundert weitere Kollegen wachsen sollen, zeitgemäß unterzubringen, soll das gesamte Gelände umgebaut werden. Ein besonderer Hingucker wird der Ardex-Tower, ein 90 Meter hoher Büroturm als schwungvolle Stahl-Glas-Konstruktion.


Ein Leuchtturm für Witten: Das geplante Verwaltungsgebäude von Ardex.
Ein Leuchtturm für Witten: Das geplante Verwaltungsgebäude von Ardex. © Fischer

„Wir hätten auch in England, Luxemburg oder Österreich bauen können. Und in Dubai bezahlt man nullkommanull Steuern. Doch Steuern sparen ist die eine Sache. Aber wir wollen zu unseren Wurzeln stehen“, bekannte sich Ardex-Konzernchef Mark Eslamlooy erneut zu Witten als Hauptsitz. Prompt kam die Gegenfrage aus dem etwa 80-köpfigen Publikum: „Erhalten Sie keinen Steuerbonus, um in Witten zu bleiben?“ Der Ardex-Chef verneinte das vehement, sagte aber auch: „Über die Gewerbesteuererhöhung habe ich mich beschwert“. Die mache bei einer Firma dieser Größe jährlich allein eine Million Euro mehr aus.

Lärmbelastung bleibt in Grenzen

Apropos Größe. Ein Anwohner meinte: „Der riesige Büroturm ist ein heftiger Einschnitt ins Landschaftsbild. Er macht mein geliebtes Rüdinghausen kaputt. Bauen Sie doch statt 90 zweimal 45 Meter hoch. Und macht sich die Stadt Witten keine Gedanken über das Stadtbild?“ Doch, macht sie, so scheint es. Denn Planungsamtsleiter Franz Buresch entgegnete: „Der Turm ist ein Markenzeichen für den Stadtteil. Er wird wohl sogar Fernwirkung über Witten hinaus haben und als Bild häufiger in der Presse erscheinen.“

„Der Turm selbst stört mich nicht“, meinte eine Zuhörerin, wollte aber wissen: „Wie hoch wird das Hochregallager? Denn ich will nicht hinter einer Ardex-Wand wohnen.“ Es werde 27 Meter hoch, lautete die Antwort. Gerade abgerissen wurden die Gebäude auf dem 18 000 Quadratmeter großen Gelände der Firma Stama an der Friedrich-Ebert-Straße, das Ardex unlängst erwarb. Dort wird ein neues Warenlager errichtet.

Die Gutachter präsentierten an diesem Abend u. a. ihre Zwischenstände zum künftigen Verkehrsaufkommen und der Lärmbelästigung, zur Blendwirkung, Verschattung und Windveränderung durch den hohen, verglasten Turm. Und in einer Sichtbarkeitsanalyse wurde anhand simulierter Bilder sogar vorgestellt, wie weit (etwa zwei Kilometer) und aus welcher Sichtachse man den Turm sehen würde. Die Windanalys ergab, dass es eine „zugige Kante“ gebe, die aber auf Ardex-Gelände liege. Die Blendwirkung liege bei maximal 31 Minuten, aber nur aus bestimmten Winkeln und bei eher seltenem „offenen Himmel“.


Ardex-Chef Mark Eslamlooy (hinten li.) und Stadtbaurat Stefan Rommelfanger (hinten re.) diskutierten mit Rüdinghausern über die Bebauungspläne.
Ardex-Chef Mark Eslamlooy (hinten li.) und Stadtbaurat Stefan Rommelfanger (hinten re.) diskutierten mit Rüdinghausern über die Bebauungspläne. © Michael Vaupel

Die Belastungen durch Gewerbelärm würden auch künftig eingehalten, so das Schallgutachten. Im südlichen und südwestlichen Umfeld des Plangebietes verringere sich die Belastung durch Umbauten und neue Transportwegeführungen auf dem Gelände sogar. Zudem habe die Verkehrsuntersuchung ergeben, dass die höchste Belastung von 16 bis 17 Uhr liege. In dieser Zeit seien künftig, vom Ardex-Gelände kommend, etwa 30 bis 40 Mitarbeiterautos und Lkw mehr in Richtung Schranke Stockumer Straße bzw. ebensoviele Richtung Brauckstraße unterwegs.

„Wir werden Ihre Anregungen ins Bebauungsplanverfahren aufnehmen“, betonte Stadtbaurat Stefan Rommelfanger mit Blick auf die Besucher des Abends. Der weitere Zeitplan sieht wie folgt aus: Entwurfsbeschluss voraussichtlich im September, öffentliche Auslage der Planunterlagen zwischen Oktober und November, mit dem Satzungsbeschluss ist voraussichtlich Anfang 2018 zu rechnen.

Drei Jahre kalkuliert Firmenchef Mark Eslamlooy dann bis zum Abschluss der Baumaßnahmen. „Dann können Sie den Tower beim Tag der Architektur 2021 der Öffentlichkeit vorstellen“, schlug Baurat Rommelfanger vor.