witten. . Brexit, Rechtspopulisten... In solchen Zeiten braucht Europa ein starkes Zeichen, meinten am Wochenende auch gut 100 Wittener, die in der City demonstrierten.

  • 100 Teilnehmer setzen bei „Purse of Europe“-Aktion ein Zeichen in der Innenstadt
  • „Wir dürfen Europa nicht denen überlassen, die es abschaffen wollen“, sagte ein Mann
  • Demonstranten bildeten ein Herz und sangen zum Abschluss die Europa-Hymne

Mehr und mehr füllt sich der Berliner Platz um kurz vor 14 Uhr am Sonntagmittag. Von allen Seiten kommen Menschen, die ein Zeichen für Europa setzen wollen.

Die Initiatorinnen Verena Schäffer (Grüne) und Patricia Podolski (SPD) haben ihr Ziel erreicht, mindestens hundert engagierte Wittener für diese Aktion zusammenzubekommen. „Pulse of Europe“, der Herzschlag Europas, wie sich die Aktion nennt – er ist an diesem schönen Tag mitten in der Stadt deutlich zu hören.

Ein Zeichen gegen Nationalismus setzen

Andrea Berg ist mit ihrem Mann aus Rüdinghausen gekommen. „Ich will an erster Stelle ein Zeichen gegen den Nationalismus setzen, der sich in Europa breit machen möchte“, sagt sie. „Wir haben dadurch doch erst gemerkt, wie toll Europa eigentlich ist.“ Europa sei zu wichtig, als dass man es „den Leuten überlässt, die Europa ablehnen“, meint Hans Werner Hellmonds, der sich ebenfalls die Zeit an diesem Sonntag genommen hat.

Unter den Teilnehmern breitet sich bei herrlichem Sonnenschein und wehenden Europafahnen Optimismus aus. Sie reden über Urlaube von früher, als man an der Grenze noch kontrolliert wurde und lange mit dem Auto in ganz Europa unterwegs war. Die Älteren sprechen über ein Leben in Frieden, das sie der Europäischen Union verdanken. Aber besonders die junge Generation will sich Europa nicht nehmen lassen.

Mit dem grenzfreien Europa aufgewachsen

„Ich habe in den Niederlanden und Großbritannien gelebt und studiert und viele positive Seiten Europas erleben dürfen“, sagt Christian Walker (28), Student der Uni Witten/Herdecke. Neu-Wittenerin Inge Brüggemann (45) ist „überrascht, wie viele Menschen hier sind“. Neben den Initiatorinnen treten auch andere Bürger ans Mikrofon.

Iñaki Axel Echeverria Stefanski, dessen Name schon ganz Europa in sich vereint, berichtet von seinem Vater, der als Gastarbeiter mit dem Motorrad nach Witten kam und dafür noch einen Kompass benötigte. „Wenn ich meinen Nichten und Neffen sage, dass wir früher noch an jeder Grenze warten mussten und D-Mark in Francs und Peseten umtauschten, um auf dem Weg zu den Großeltern etwas kaufen zu können, dann gucken die mich an, als wenn Opa aus dem Krieg erzählt.“

Louis (v.li.), Christian und Nicolas sangen am Sonntag auf dem Berliner Platz beim Europalied mit.
Louis (v.li.), Christian und Nicolas sangen am Sonntag auf dem Berliner Platz beim Europalied mit. © Thomas Nitsche

Sie sei mit dem grenzfreien Europa aufgewachsen und glücklich, ihren Wohn- und Arbeitsplatz überall frei wählen zu können, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Verena Schäffer, eine der Initiatorinnen Immer wieder unterbricht Applaus ihre Worte. Zum Schluss singen alle die Europahymne, beim ersten Mal noch etwas ungeschickt, bis sich ein Europafreund spontan zum Chorleiter macht und alle dirigiert. Das anschließend gebildete Herz aus allen Anwesenden zeigt, wie viele Wittener sich mit Europa verbunden fühlen.