witten. . Durchholz ist Landleben pur. Der Dorfmitte ist in all den Jahren aber einiges abhanden gekommen. Das lässt Alteingesessene nicht nur schwärmen.
- Alteingesessene beklagen sich darüber, dass nichts mehr los ist: keine Schule, keine Kneipe, kein Geschäft
- Neuankömmlinge aus einer Großstadt wie Gelsenkirchen schwärmen vom Leben auf dem Land in Durchholz
- Natur erwacht im Frühling später, dafür kommt der Winter schon früher. Nachbarschaft freundlich und herzlich
Einer der ländlichen Ortsteile der Stadt ist Durchholz – gelegen „in den Bergen südlich von Herbede“. Die Gemarkung erstreckt sich zwischen der Bommerholzer Straße im Osten und der A 43 im Westen. „Hauptschlagader“ zwischen viel Grün ist die knapp vier Kilometer lange Durchholzer Straße.
An dieser Straße befindet sich auch die dichteste Bebauung. Im ländlich geprägten Durchholz hat es keine größeren Zechenansiedlung gegeben – wohl aber viele Kleinzechen namens „Eimerweise“. Historisch betrachtet ist Durchholz eine „Streusiedlung“ ohne Keimzelle. In dem weiträumigen Ortsteil mit viel Ländereien und Waldflächen findet man auch heute noch die typischen, weit verstreut liegenden Gehöfte und Gebäude – mit viel Natur drumherum.
Einwohnerzahl in über 100 Jahren kaum gestiegen
Über die Jahrhunderte ist die Einwohnerzahl nur wenig gewachsen. Zählte die Statistik im Jahr 1898 rund tausend Einwohner, so gab es im Jahr 2015 – also gut 100 Jahre später – mit 1500 Seelen nur rund 500 Durchholzer mehr. Die Bausubstanz reicht vom historischen Fachwerk- und Bruchsteinhaus bis hin zu Einfamilienhäusern und schicken Bungalows.
Außer Natur hat Durchholz noch zu bieten: eine Kirche, einen Getränkehandel, zwei Kindergärten, drei Reiterhöfe, ein Kinderwohnheim, kleine Handwerksbetriebe und ein Künstlerhaus. Neu ist die Feuerwache der „Hölzer“ an der Kämpenstraße.
Es gibt keine Geschäfte und keine Kneipen
Es gibt keine Geschäfte und keine Kneipen. Die Grundschule wurde geschlossen, die Halle des Turnvereins abgerissen. Auch den Fußballverein „Sportfreunde Durchholz“ gibt es nicht mehr. Längst nicht alle Straßen im Ortsteil haben Bürgersteige und Beleuchtung. Wir haben den Anwohnern bei einem Bummel einmal über die Schulter geschaut.
Friedhelm und Ursula (beide 72) Hollstein sind eingefleischte Durchholzer. Sie hatten früher einen Tante-Emma-Laden an der Durchholzer Straße. „Der hat sich nicht mehr gelohnt. Die Leute sind lieber zum Discounter gerannt“, sagt Ursula Hollstein. „Von einem Pfund Salz und einem Liter Milch kann man nicht leben. Da haben wir eben zugemacht.“ Bekannt und beliebt wurden Hollsteins auch mit ihrem „Tuffi“-Verkaufswagen. Besonders ältere Leute schätzten die Freihaus-Lieferung.
Natur erwacht im Frühling zwei Wochen später
Eine Besonderheit zeichne den Ortsteil aus. „Die Natur erwacht im Frühling zwei Wochen später und im Winter haben wir den ersten Schnee“, weiß Ursula Hollstein. Ihr Mann und sie bedauern, dass heute „nix mehr los“ ist. Früher gab es am „Transformator“ – wie die Buswendeschleife im Volksmund heißt –, einige kleine Läden wie Bäcker, Metzger oder Kiosk. „Wir sind ein richtig verschlafenes Straßendorf geworden“, so die 72-Jährige.
Seit zwei Jahren wohnt die Familie Berendsen auf dem Lande in Durchholz. „Wir haben ein Grundstück für unsere Schafe gesucht und ein Paradies für die ganze Familie gefunden“, sagt Dunja Berendsen (46). „Etwas abseits der Straße mit einem 200 Jahre alten Maronenbaum neben dem Haus. Ein Traum.“ Mitten in der Natur wohnen jetzt drei Generationen beieinander.
Dunja und ihr Ehemann Stefan mit den Kindern Marla (8) und Lennard (11) sowie Oma Elfriede (80) haben hier ganz schnell „entschleunigt“. Sie empfinden ihr neues Zuhause als Kraftquelle, aus der sie täglich schöpfen. Zur Familie gehören noch drei Hütehunde, eine kleine Schafherde, zwei Katzen, fünf Hühner und drei Laufenten. „Die vierte hat der Fuchs geholt“, sagt der Familienvater.
Als Neuankömmlinge haben die Berendsens schon viele Kontakte geknüpft. „Freundlich, ländlich, herzlich“, so beschreibt Ehefrau Dunja Nachbarschaft und Umfeld. Manchmal übernachten andere Kinder bei ihnen. „Die staunen, dass man nachts die Sterne zählen kann.“ Ebenfalls noch recht „frisch“ ist Familie Reimnitz aus Gelsenkirchen. „Das ist absolut cool“, sagen Gabriele (55) und Andreas (51) Reimnitz. „Die Großstadt macht uns heute nervös, die brauchen wir nicht mehr.“ Auch mit der Kleidung haben sie sich schon angepasst. Statt Highheels ist „Outdoor“ angesagt.