Witten. . Jörg Krämers Oma hat die Familiengeschichte aufgeschrieben. Ihr 50-jähriger Enkel verarbeitete ihre Erinnerungen zu Romanen.
- Der Durchholzer Jörg Krämer arbeitet in der JVA Langendreer und schreibt in seiner Freizeit Romane
- Diese handeln von der Geschichte seiner Familie, wie sie Krämers Oma Hilde aufschrieb
- Der 50-jährige Enkel wurde Autor, als er ein Sachbuch über germanische Bärenhunde verfasste
Oma Hilde war sparsam. Was man sofort sieht, wenn man in ihren Aufzeichnungen blättert. Alles ordentlich und eng beschrieben. „Sie wollte Papier sparen“, erklärt ihr Enkel Jörg Krämer schmunzelnd. Der Mann hält ein Stück Familiengeschichte in Händen. Denn die 2001 verstorbene Großmutter des Durchholzers hat diese schriftlich und auch mündlich – indem sie Kassetten besprach – festgehalten. Ein Schatz, den der 50-jährige Enkel zu Romanen verarbeitete. Das zweite Buch ist gerade fertig geworden.
Hilde Niggetiet, die Mutter von Krämers Mutter, hat nicht nur festgehalten, was sie selbst erlebt hat, sondern auch das, was sie aus Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern erfuhr. Eine Frau, die gerne schrieb und damit ihrem Enkel Einblicke in die Familiengeschichte seit 1865 gewährt.
Kein Stück Industriegeschichte des Reviers
Alles beginnt mit Urur-Großmuttter Wilhelmine. Sie war mit Johannes Biel verheiratet, der sein Geld als Bergmann auf der damaligen Zeche Neu-Iserlohn verdiente. Das Paar hatte acht Kinder, die Wilhelmine Biel in armen Verhältnissen liebevoll erzog. Mit seinem Roman „Im Schatten von Schlägel und Eisen“ hat Jörg Krämer die Geschichte der Biels auf 365 Seiten niedergeschrieben.
Den Leser erwartet kein Stück Industriehistorie des Reviers, sondern überwiegend Privates. Gespräche zwischen Wilhelmine Biel und ihren Kindern, den Eheleuten, den Geschwistern. Eindrücke vom Leben einer Bergarbeiterfamilie im 19. Jahrhundert. Die Arbeit auf der Zeche ist nur am Rande ein Thema. Jörg Krämer denkt täglich an seine Vorfahren. „Denn die Zeche Neu-Iserlohn war auf dem Gelände der heutigen JVA Langendreer“, sagt er. Ironie der Geschichte: In der JVA verdient der Wittener als Justizvollzugsbeamter heute sein Geld.
Wilhelmine und Johannes Biel wohnten mit ihrer großen Familie im Dorf Kleyberg, im heutigen Dortmunder Stadtteil Kley. Krämers Roman begleitet sie bis ins 20. Jahrhundert.
Hilde brannte mit ihrem späteren Mann durch
Hier knüpft sein zweites Buch an. Es beginnt im Ersten Weltkrieg, den die 1910 geborene Großmutter als Kind erlebt, auch der Zweite Weltkrieg spielt im Roman eine große Rolle. „Oma Hildes Mutter hieß Elisabeth und war eine Tochter von Wilhelmine und Johannes Biel“, klärt Krämer die familiären Verhältnisse. Großmutter Hilde ist als junge Frau mit ihrem späteren Mann Erwin Niggetiet durchgebrannt. „Der war, als sie sich kennenlernten, nämlich arbeitslos und hatte eine Hautkrankheit. Hildes Familie wollte ihn deshalb nicht.“ Das Paar heiratete trotzdem, bekam die Töchter, Edith – Krämers Mutter – und Gudrun, die „Döttken“ genannt wurde und noch als Kind an einem Hirntumor starb.
Im zweiten Buch des Durchholzers schildert Oma Hilde eindrucksvoll, wie sie während der schweren Luftangriffe auf das Ruhrgebiet als junge Frau mit ihren Mädchen auf das Land verschickt wurde – in den Eifelort Manderscheid. Dort erlebten die drei unbeschwerte Monate bei einer Bauernfamilie. Die ländliche Idylle ließ die Schrecken des Krieges beinahe vergessen. In Wuppertal-Elberfeld musste Hilde Niggetiet erleben, wie brennende Menschen nach einem Bombenangriff vergeblich versuchten, ihr Leben durch einen Sprung in die Wupper zu retten.
Ein Sachbuch über den germanischen Bärenhund
„Sie hat viel mitgemacht, war aber immer gut drauf“, sagt Jörg Krämer über seine Oma, die 91 Jahre alt wurde. Nicht nur ihre Erinnerungen haben ihn zum Schreiben inspiriert, sondern auch sein mittlerweile verstorbener Hund Odin, der ein germanischer Bärenhund war. Über diese Hunderasse schrieb der Durchholzer ein Sachbuch.
>>> DIE BÜCHER
Jörg Krämers Buch „Im Schatten von Schlägel und Eisen“ ist 2014 im net-Verlag erschienen. Sein zweiter Roman liegt derzeit zur Prüfung bei einem Verlag. Wann er erscheint, ist noch unklar.