Witten. . Der Werkhof in Heven kümmert sich im Auftrag des Jugendamtes um Schulverweigerer. Die Jugendlichen haben oftmals nicht nur ein Problem.

Sie schwänzen die Schule, stunden-, tage-, wochenweise. Mancher lässt sich dort gar nicht mehr blicken. Häufig gibt es auch Probleme im Elternhaus und Erfahrungen mit Alkohol oder Drogen. Nicht selten bedingt das eine das andere. „Wir sind die Anlaufstelle, wenn vorher schon andere Hilfsangebote gescheitert sind“, sagt Axel Kuhlmann, Leiter des Werkhofs in Heven. Die Jugendwerkstatt kümmert sich um Schulverweigerer. Damit junge Menschen im Leben wieder Tritt fassen.

Träger der Einrichtung ist seit Januar die Volkshochschule, vorher war es die Wabe. Der Werkhof, der im Gebäude der früheren Wannenschule zu finden ist, arbeitet zweigleisig: Mädchen und Jungen, zumeist zwischen 14 und 17 Jahre alt, die die Jugendwerkstatt besuchen, wenn das Jugendamt dem zugestimmt hat, werden dort drei bis vier Stunden in der Woche von Lehrern der Freiligrathschule unterichtet. Oft einzeln, aber auch in kleinen Gruppen. „Wir sind kein Schulersatz, sondern ein außerschulischer Lernort“, betont Axel Kuhlmann, der gelernter Feinmechaniker ist und zehn Jahre lang Prokurist der Wabe war, bis er die Leitung des Werkhofs übernahm.

„Wir zeigen, dass es uns nicht egal ist, was jemand tut“

Dort hat der 59-Jährige ein fünfköpfiges Team, Menschen mit einer sozialpädagogischen Ausbildung – wie Stefanie Beneken – und Handwerker mit einer pädagogischen Zusatzausbildung. Die Jugendlichen, die zum Werkhof kommen, sollen sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren, unter Anleitung der Experten mit Holz, Metall oder Ton arbeiten, lernen, wie man Fahrräder repariert, mit Stoffen kreativ ist und wie man für die ganze Werkhof-„Mannschaft“ kocht. Etwas Neues ausprobieren, pünktlich um 8 Uhr vor Ort sein, sich vernünftig verhalten und bis 14 Uhr durchhalten, bis man wieder nach Hause gehen kann – das fordere viele Jugendliche schon sehr, sagt Kuhlmann.

Im Werkhof lernen die 16-jährige Lisa (li.) und die 15-jährige Joyce auch, wie man mit einer Standbohrmaschine arbeitet.
Im Werkhof lernen die 16-jährige Lisa (li.) und die 15-jährige Joyce auch, wie man mit einer Standbohrmaschine arbeitet.

Seine Kollegin Beneken fügt hinzu, dass auch nicht jeder Schulverweigerer im Werkhof immer wie verabredet erscheine. „Nur lassen wir hier nicht locker, wir rufen denjenigen an oder fahren zu ihm nach Hause. Wir zeigen, dass es uns nicht egal ist, was jemand tut, dass wir Interesse an ihm haben.“

Marvin hat profitiert

Die Arbeit der Jugendwerkstatt wird zu rund zwei Dritteln durch das Landesjugendamt finanziert „und zu etwa einem Drittel von den Jugendämtern im EN-Kreis, die uns Jugendliche schicken. Außerdem werden wir großzügig von den Wittener Stadtwerken unterstützt“, so Kuhlmann.

Von den Angeboten des Werkhofs hat auch Marvin profitiert. Der 16-Jährige besuchte früher die Rudolf-Steiner-Schule in Langendreer. Hier wurde er zum Mobbing-Opfer. Mitschüler ärgerten und beschimpften ihn, drohten ihm Schläge an, wie er erzählt. Seinen Eltern sagte er davon nichts, gab vor, krank zu sein, um nicht zur Schule gehen zu müssen, vor der er Angst hatte. Depressionen stellten sich ein, die erfolgreich in einer Klinik behandelt wurden. Danach meldete Marvins Vater den Sohn von der Schule ab.

„Ich möchte den Abschluss der Klasse 10 machen“

Seit dem vergangenen Sommer besucht der 16-Jährige den Werkhof, in diesem Sommer wird er ihn wieder verlassen. „Mit dem Abschluss der Klasse 9 in der Tasche.“ Marvin denkt darüber nach, an seine alte Schule in Langendreer zurückzukehren. „Denn ich möchte noch den Abschluss der Klasse 10 machen.“

Der Hattinger hat eine Perspektive, die Rückkehr zur Schule. Seine Entwicklung ist auch ein Erfolg des Werkhofs, der von Jugendlichen im Schnitt ein Schuljahr lang besucht wird. „Wenn sie uns verlassen, zeigen wir ihnen vorher, wie es weitergehen kann. Etwa mit dem Besuch eines Berufskollegs, mit einem Praktikum bei einer Firma, mit der Aufnahme einer berufsvorbereitenden Maßnahme“, erklärt Leiter Axel Kuhlmann. Und hierüber werde nicht nur gesprochen. „Wir vermitteln das. Es gibt auch Eltern, die sich darum kümmern möchten. Darin unterstützen wir sie.“

>>> DER WERKHOF BERÄT AUCH TELEFONISCH

Die Jugendwerkstatt Werkhof, die 1984 als Verein gegründet wurde und jetzt zur VHS Witten/Wetter/Herdecke gehört, findet man in Heven in der Straße Alter Garten 15.

Zum Thema Schulverweigerung berät der Werkhof telefonisch und persönlich montags bis freitags von 7 bis 14 Uhr: Tel. 02302/394 6370.