Witten. Bungalows und Terrassenhäuser prägen das Straßenbild im Ardeytal. Ortsunkundige suchen mitunter den Weg. Anwohner schätzen Nähe zur Natur.

An den Hang östlich des oberen Kohlensiepens schmiegt sich das „relativ“ junge Wohnviertel im Ardeytal. Die längste Straße trägt nicht von ungefähr den Namen „Im Ardeytal“. Sie ist insgesamt aber nur 530 Meter lang. Markant sind Baumbeete, Parkbuchten und Sitzrondelle. Ebenso präsentiert sich das Straßenbild des Merensiepens und der Markerbenhöhe. Erbaut wurde diese Siedlung in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Nur die Straße In der Schlade ist älter und erhielt ihren Namen im Jahre 1935. Sie ist mit 250 Metern Länge auch gleichzeitig die kürzeste. Heute endet sie mit rotweißen Pfosten und ist somit eine Sackgasse. Die Fahrbahndecke lässt zu wünschen übrig. Aus diesem Grunde gilt hier Tempo 30.

Jenseits der Pfosten ist das Quartier allerdings als Spielstraße konzipiert worden. Alles ist aufgepflastert – mit den für die damalige Zeit schicken roten Pflastersteinen. Es gibt keine Bordsteinkanten. Schrittgeschwindigkeit und Spielen auf der Straße sind erlaubt. Wegen der Hanglage gibt es viele Fußwege mit Treppen, die zwischen den Flachdach-Bungalows und terrassenförmigen Wohngebäuden hindurchführen. An einem sonnigen Nachmittag haben wir einen Spaziergang durchs Ardeytal gemacht und mit den Anwohnern gesprochen. Hallo Nachbar!

Detlef Melching spielt mit Enkel Joel und dessen Freund Julius auf dem Pflaster. Die Kinder nutzen die Spielstraße im wahrsten Sinne des Wortes.
Detlef Melching spielt mit Enkel Joel und dessen Freund Julius auf dem Pflaster. Die Kinder nutzen die Spielstraße im wahrsten Sinne des Wortes. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Seit vier Jahren lebt die bekannte Ringer-Familie Englich wieder im Ardeytal. Nach einem kurzen Gastspiel in Brandenburg ist sie quasi zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. „Sechs Jahre haben wir auf Nummer zehn gewohnt“, erzählt Silbermedaillen-Gewinner Mirko Englich (38). „Jetzt haben wir hier unser neues Zuhause gefunden.“ Auch Noah (13) und Lotta (10) gefällt es gut. Noahs Spielkumpel wohnt zwei Häuser weiter. Lotta freut sich über den kurzen Fußweg zur Borbachschule. Toll finden alle, dass der Wald ganz nah ist.

Viele Gespräche am Gartenzaun

Die Nachbarschaft ist gut. Im Sommer gibt es viele Gespräche am Gartenzaun. Aber niemand sitzt beim anderen auf der Couch. „Wenn mal etwas Schweres zu bewegen ist, bin ich meistens gefragt“, lacht Englich, der sich als Olympiazweiter nicht nur in der Ruhrstadt einen Namen gemacht hat. Problematisch wird es, wenn einmal der Pizza-Dienst in die Siedlung muss. Die Straßenführung erschließt sich einem Fremden nicht automatisch. „Bei uns stehen die Gäste meistens hinten am Gartentor und nicht vorne an der Haustür“, lacht Englich.

Renate Müller ist mit ihren Nachbarn gemeinsam älter geworden.
Renate Müller ist mit ihren Nachbarn gemeinsam älter geworden. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Sommertags malen die Nachbarskinder mit bunter Kreide kleine Kunstwerke aufs Pflaster. „Das ist eine richtige Bilderbuch-Nachbarschaft und eine tolle Spielstraße,“ freut sich der bekannte Sportler. Das bestätigen auch die Freunde Joel und Julius. Die Straße ist ihr Spielzimmer. Sie liegen bäuchlings auf dem Spielteppich und üben „Verkehrserziehung“.

Joels Großeltern Detlef (65) und Karin Melching sind seit 37 Jahren in dieser schönen Ecke zuhause. Die Kinder sind hier aufgewachsen. Jetzt sind die Enkel an der Reihe. „Früher war es aber ruhiger“, sagt Detlef Melching. „Heute sind hier zu viele Autos viel zu schnell unterwegs.“ Hier sind viele Fußgänger unterwegs, oft mit Hund. Denn mittlerweile leben auch sehr viele Vierbeiner im Viertel. Das liegt nahe – das Buchenholz und die früheren Drei Teiche sind nicht weit. „Eigentlich ist es optimal für Hundebesitzer, hier zu leben“, meint Detlef Melching. Gleichzeitig ärgert er sich oft, wenn er Joel von der Borbachschule unten im Tal abholt. Auf dem Fußweg lauere eine Tretmine nach der anderen.

Flachdachbungalows und terrassenförmige Häuser gibt es im Ardeytal.
Flachdachbungalows und terrassenförmige Häuser gibt es im Ardeytal. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Vor 40 Jahren gab es noch zwei Tante-Emma-Läden und drei Kneipen. „Heute ist alles verwaist,“ bedauert Detlef Melching. Der sich über noch mehr Sauberkeit im Viertel freuen würde. „Wenn die Straße sauber ist, dann freuen sich doch alle“, fügt Frau Karin hinzu.

Ein paar Schritte weiter bringt Anwohner Marcus mit seinem fünfjährigem Sohn den Garten auf Vordermann. Die Familie wohnt seit sechs Jahren hier in der Siedlung. Sie findet die Wohngegend optimal für Kinder. Die Nähe zum Wald ist ein weiterer Pluspunkt. „Nachts hören wir sogar das Käuzchen rufen“, sagt der Familienvater.

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