Witten. . Grönland – Grenzgänger Arved Fuchs fasziniert die größte Insel der Welt. Am 24. Februar spricht er darüber im Saalbau.

  • Abenteuer Arved Fuchs spricht am 24. Februar im Saalbau über seine Grönland-Expeditionen
  • Der Grenzgänger wurde weltberühmt, als er mit Reinhold Messner die Antarktis auf Skiern durchquerte
  • „Herausforderungen sind für mich das Salz in der Suppe des Lebens“, sagt der 63-Jährige



Arved Fuchs gehört zu den bekanntesten Abenteurern der Erde. Ein Grenzgänger, der mit einem Faltboot im Winter Kap Hoorn umrundete. Weltberühmt wird er, als er mit Extrembergsteiger Reinhold Messner 1989/90 die Antarktis auf Skiern durchquert. Damit ist Fuchs der erste Mensch, der in einem Jahr sowohl den Nord- als auch den Südpol zu Fuß erreicht. Seine Expeditionen führen ihn immer wieder in Polarregionen. Über seine Grönland-Expeditionen berichtet der heute 63-Jährige am Freitag (24. Februar) im Wittener Saalbau.

Herr Fuchs, warum ziehen Sie die extremen nördlichen Regionen der Welt so an?
Es ist eine Gegend, die schwer zu bereisen ist, weil es dort eben kalt ist und man das Handwerk erlernen muss, sich dort richtig zu bewegen. Die Arktis, die Nordpolarregion ist eine unglaublich faszinierende, facettenreiche Landschaft. 1979 war ich zum ersten Mal dort. Es ist dort nicht weiß und öde. Es gibt dort Flora und Fauna. Es ist eine wunderschöne Region, die mich als junger Mann gepackt hat. Deshalb habe ich dort so viel Zeit verbracht. Da wird man dann auch sensibilisiert für Veränderungen, die sich dort vollziehen. Die Arktis eignet sich besonders gut, um die Auswirkungen des Klimawandels zu zeigen. Die Arktis erwärmt sich etwa doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Das ist dramatisch. Da muss man kein Experte sein, um dies zu erkennen.

Was werden Sie im Wittener Saalbau zeigen, worüber werden Sie sprechen?
Über die landschaftlichen Besonderheiten, die unglaublich schöne Natur Grönlands, das Leben der Inuit, aber auch über die Kulturgeschichte der Insel. Ich zeige auch altes Material.

Wieviel Zeit im Jahr sind Sie unterwegs?
Im Jahr vier bis fünf Monate. 2015/16 war ich auf einer großen Antarktis-Reise.Meine Frau ist Architektin, sie ist auch berufstätig, aber sie teilt die Leidenschaft für meine Projekte. Sie begleitet mich auch auf Reisen und Expeditionen. Aber ich bin natürlich viel häufiger weg als sie.

Wann waren Sie zum ersten Mal in der Arktis?
1979 . Damals war Grönland für die Leute gleichbedeutend mit Nordpol. Ich bin im Spätsommer dort aus Neugierde hingefahren. Das war keine Expedition, sondern eine Kennenlern-Reise. Das hat mich damals so begeistert, dass ich dachte: Hier möchtest Du mehr drüber wissen.

Seit 35 Jahren reist Arved Fuchs nach Grönland. Für ihn immer wieder ein Abenteuer.
Seit 35 Jahren reist Arved Fuchs nach Grönland. Für ihn immer wieder ein Abenteuer. © Arved Fuchs Expeditionen

Sie sind immer wieder nach Grönland gereist. Was hat sich dort so augenfällig verändert?
Das Meereis, das sich über den Winter bildet und auch oftmals den Sommer überdauert hat, ist in großen Bereichen weitgehend verschwunden. Dies betrifft Grönland, aber auch den großen arktischen Ozean. Im gesamten arktischen Raum schmilzt jedes Jahr eine Fläche ab, die vier Mal so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Auf Grönland ist der Rückgang des Eises dramatisch – auch im Winter! Wenn man mit den Grönländern spricht, sagen sie, dass sie teilweise nicht mehr in ihre angestammten Jagdgebiete fahren können, weil das Meer dort gar nicht mehr zufriert. Das Eis ist, wenn es sich denn überhaupt bildet, nicht mehr so solide und tragfähig wie es früher war. Das heißt, es kommt dort auch zu Unfällen. Jäger brechen mit ihren Schlitten durch das Eis. Auch das Wettergeschehen hat sich verändert. Plötzlich tauchen heftige Regenfälle auf – was es dort seit Menschengedenken nicht gegeben hat.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie so etwas sehen?
Am Anfang staunt man, weil man glaubt, dass das, was man sieht, eine Momentaufnahme ist, eine subjektive Wahrnehmung. Aber wenn man die wissenschaftlichen Publikationen liest, dann sieht man seine Erfahrungen objektiv bestätigt. Dann fragt man sich: Was kann man dagegen tun? Das kann doch nicht im Interesse der Menschen sein, dass sich die Natur so rasant verändert. So etwas kann einem nicht egal sein. Dieses Wissen hat mir auch ein bisschen die Unbefangenheit genommen. Früher bin ich in diese Regionen gefahren, weil ich es toll fand, weil ich dort viele Freunde unter den Einheimischen habe. Dann merkt man, wie der Permafrostboden wegtaut, in Alaska ganze Siedlungen wegrutschen, evakuiert werden müssen, weil das Meer die Küsten wegspült.

Was halten Sie von den Weltklimakonferenzen?
Ich war davon angetan, dass man 2015 in Paris Ziele definiert hat, weil die Weltgemeinschaft die Dringlichkeit des Handelns erkannt hat. Im November in Marrakesch hat man einen Fahrplan erstellt, wie man das machen will. Sogar China hat gesagt: Wir erkennen die Dringlichkeit des Handelns – ob die USA nun mitmachen oder nicht. So etwas hätte es vor Jahren auch noch nicht gegeben. Es hat offensichtlich ein Umdenken eingesetzt. Entscheidend ist: Es muss etwas passieren. Denn es bleibt uns nicht mehr viel Zeit.

Glauben Sie das dies gelingt?
Ich bin ein notorischer Optimist!

Sie leben privat in Bad Bramstedt im Kreis Segeberg, wo Sie auch geboren wurden. Eine 13 000-Einwohner-Stadt. Ist Ihnen so ein Heimathafen wichtig?
Ja, das ist für mich ein Rückzugsgebiet mitten im Grünen, wo man neue Ideen entwickelt, sich regeneriert. Wir wohnen in meinem Elternhaus. Meine Frau und ich fühlen uns dort sehr wohl. Hamburg liegt in der Nähe, eine wunderschöne Stadt, aber ich möchte nicht mittendrin wohnen.

Warum finden Sie Extreme eigentlich so reizvoll. Was treibt Sie an?
Ich bin ein neugieriger Mensch, ich möchte es einfach wissen. Ich habe das Leben immer als eine große Möglichkeit empfunden, um zu gestalten, um sich mit unterschiedlichen Themen auseinanderzusetzen. Über den Tellerrand blicken, sich mit extremen Situationen auseinandersetzen, sich behaupten. Mit den selbst gestellten Aufgaben auch zu wachsen – das ist ein Motor für mich gewesen, der mich vorantreibt.

Sie sind ein Grenzgänger, Ihre Unternehmungen waren nicht immer ganz ungefährlich?
Vieles, was ich mache, ist für Außenstehende gefährlich. Aber da ich gelernt habe, damit umzugehen, relativiert sich das. Wenn man keine Erfahrung damit hat, bei minus 40 Grad in einem Zelt zu übernachten, ist das nicht ganz ungefährlich. Ich bin kein Draufgänger in dem Sinne: Je gefährlicher, desto besser. Dann säße ich heute nicht mehr hier. Ich bin pragmatisch herangegangen, habe mir gesagt: Du musst dieses Handwerk lernen, mit den Aufgaben wachsen. Ich mag auch Leistung erbringen. Herausforderungen sind für mich das Salz in der Suppe des Lebens.

Sie sind 63. Setzt einem der Körper da auch Grenzen?
Ja. Das Gute ist aber auch, dass man sich beim Älterwerden für andere Dinge interessiert als vielleicht mit 25. Projekte, die ich mit Anfang 30 gemacht habe – da ging es natürlich auch um die sportliche Herausforderung. Viele Expeditionen waren da eben Abenteuer, sehr sportlich orientiert. Aber ich muss mir nicht immer wieder beweisen, dass ich Skilaufen oder Segeln kann. Ich bin ja auch mit einem Team und vielen jungen Leuten unterwegs. Ich kann meinen riesigen Erfahrungsschatz einbringen. Ich bin noch fit genug, um all diese Dinge machen zu können. Aber ich würde mir heute nicht mehr zumuten, mit einem 100 Kilo schweren Schlitten zum Nordpol zu laufen. Aber das würde mich heute auch gar nicht mehr so faszinieren. Ich möchte weiter Dinge machen, die ich spannend finde!

>>> DIE MULTIVISIONSSHOW IM SAALBAU Mit seinem 120-minütigen Multivisionsabend „Grönland – 35 Jahre Abenteuer in Eis und Schnee“ ist Arved Fuchs am Freitag, 24. Februar, ab 19.30 Uhr im Saalbau (Saal B) zu sehen. Eintritt: 21 Euro, VVK: Saalbaukasse: 02302/581 2441 und Online-Ticket-Shop: www.kulturforum-witten.de (über Stichwort: Saalbau Witten).

Arved Fuchs hat 19 Bücher über seine Expeditionen geschrieben. Darunter „Im Faltboot um Kap Hoorn (Neuauflage 1999), „Von Pol zu Pol“ (Neuauflage 2003), „Blickpunkt Klimawandel“ (2010), „Polarlicht in den Segeln – eine Winterreise zu den Lofoten (2013) und das Grönland-Buch „Meine Abenteuer in Eis und Schnee“ (2015).