Witten. . Unternehmer Gunnar Lohmann-Hütte hält Rückstellungen für Betriebsrenten derzeit für eine „Zeitbombe“ für Firmen. Grund: die niedrigen Zinsen.
- Pensionsrückstellungen sind für Firmen tickende Zeitbomben, sagt Unternehmer Gunnar Lohmann-Hütte
- Schuld sei die derzeitige Niedrigzinspolitik hört man auch von der IHK Mittleres Ruhrgebiet
- 14 537 000 Euro hat die Wittener Sparkasse im Geschäftsjahr 2015 in Pensionsrückstellungen gesteckt
Die Deutschen sind Sparweltmeister. Doch das Geld auf Sparbüchern, Tagesgeldkonten und bei Lebensversicherungen wird nicht mehr, sondern weniger. Eine Folge der Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank, die auch Folgen für Wittener Arbeitgeber hat. Unternehmer Gunnar Lohmann-Hütte sprach auf dem jüngsten Sparkassen-Forum aus, was viele andere Chefs still beklagen: Pensionsrückstellungen könnten in Zeiten niedriger Zinsen für Firmen zu einem echten Problem werden.
Ein „riesengroßes Risiko“ sieht Lohmann-Hütte, Geschäftsführer der Friedr. Lohmann GmbH, für die Pensionszusagen von Firmen gegenüber ihren Mitarbeitern. „Bei der Berechnung der Betriebsrenten sind viele Unternehmen von viel höheren Zinsen ausgegangen, als sie nun erzielen können.“ Für ihre Rentenzusage hätten diese viel zu geringe Rückstellungen in ihrer Bilanz gebildet, die nun aufgefüllt werden müssten. Lohmann-Hütte: „Folglich sind die Pensionsrückstellungen eine tickende Zeitbombe in vielen Bilanzen.“
IHK: Eine zusätzliche Belastung für die Betriebe
Früher habe es ausgereicht, Gelder in Bundesanleihen anzulegen, um die gemachten Pensionszusagen einzuhalten, weiß Lohmann-Hütte. „Bundesanleihen warfen auskömmliche Renditen ab.“ Heute würden diese deutlich unter den Pensionszusagen liegen. „Auf Dauer haben die Unternehmen Probleme, ihre Pensionsverpflichtungen zu erfüllen“, fürchtet der Stahlfabrikant in siebter Generation.
Die Pensionsrückstellungen sind auch immer wieder Thema bei der IHK Mittleres Ruhrgebiet, Dienstleister und Sprachrohr für knapp 30 000 Firmen aus Witten, Hattingen, Bochum und Herne. „Die Rückstellungen sind bei einer Null-Zins-Politik eine zusätzliche Belastung für die Betriebe“, bestätigt IHK-Sprecher Jörg A. Linden.
2015 verdiente der Sparkassen-Chef 375 000 Euro
Sage und schreibe 14 537 000 Euro steckte die Wittener Sparkasse im Geschäftsjahr 2015 in Pensionsrückstellungen für frühere Mitglieder des Vorstandes und deren Hinterbliebene. Laut Geschäftsbericht 2015 wurden in diesem Zeitraum rund eine Million Euro an diesen Personenkreis ausgezahlt. Allein für den Sparkassen-Vorstandsvorsitzenden Ulrich Heinemann wurden 2015 433 000 Euro für die Pensionsrückstellung zurückgelegt.
Beendet Heinemann seine Tätigkeit regulär, also mit 65 Jahren, wird er Anspruch auf Ruhegehaltszahlungen in Höhe von 55 Prozent seiner letzten festen Bezüge haben. 2015 verdiente der Chef des Kreditinstituts 375 000 Euro.
„Das Geld haben wir nicht auf der hohen Kante“
Gewaltige Summen hat die Stadt Witten für ihre Pensionsrückstellungen aufzuwenden. „Die städtische Bilanz 2015 hat ein Volumen von 850 Millionen Euro – davon entfielen 190 Millionen auf Pensionsrückstellungen für aktive Beamte (rund 350) sowie Pensionäre und Hinterbliebene“, so Kämmerer Matthias Kleinschmidt. Allerdings sei der Zinssatz für die Stadt gesetzlich festgelegt. „Er liegt seit 2008 bei fünf Prozent.“
Die Höhe der Rückstellungen sei bei der Stadt nur eine buchhalterische Größe. Kleinschmidt: „Das Geld haben wir nicht auf der hohen Kante. Wie Bund und Land müssen wir Pensionsrückstellungen aus dem laufenden Haushalt bezahlen.“ Für 2016 rechnet der Kämmerer hierfür noch mit zusätzlichen Kosten von 4,5 Millionen Euro. „Hintergrund sind Gehaltserhöhungen und der Umstand, dass Menschen heute ein immer höheres Lebensalter erreichen.“