Witten. . Sie kochen oder spielen Boule: die Mitglieder der Selbsthilfegruppe „Aktiv suchtfrei“. Ein Hevener hat sie vor drei Jahren gegründet.

  • Vor drei Jahren hat Manfred Freund die Selbsthilfegruppe „Aktiv suchtfrei“ gegründet
  • Der Hevener wollte Suchtkranken Wege aus der Abhängigkeit aufzeigen
  • Nun kochen sie gemeinsam, stellen Senf her und drehen ihren eigenen Imagefilm

Sie ist die einzige Selbsthilfegruppe in Witten und Umgebung, die alle unter einem Dach vereint, sagt Gründer Manfred Freund: Alkoholiker, Drogen-, Spiel- und Medikamentensüchtige. „Aktiv suchtfrei“ hat der 65-jährige Hevener das Angebot genannt, das er vor drei Jahren aus der Taufe hob. Seitdem treffen sich acht bis zwölf Mitglieder an der Dortmunder Straße.

„Die erste Resonanz kam, nachdem der Bericht in der WAZ stand“, erinnert sich Manfred Freund. Einige hätten angerufen, nicht alle seien gekommen, nicht alle geblieben. Doch die, die heute da sind, verstehen sich gut, sagt er. Wie auf Kommando dringt fröhliches Lachen aus dem Nebenraum, in dem die Gruppe am Tisch sitzt und plaudert. Gleich werden sie rüber in die Küche der Selbsthilfekontaktstelle gehen, denn an diesem Dienstagabend soll das Mini-Jubiläum mit einer selbst gekochten Käse-Lauch-Suppe gebührend gefeiert werden.

Nicht bloß rumsitzen, sondern was machen

Nicht bloß rumsitzen und reden, sondern was machen – das ist hier die Devise. Und das kommt an, bei denen, die da sind. „Das ist hier mal was anderes“, sagt ein 51-jähriger Wittener, der auch zu den Sitzungen der Anonymen Alkoholiker geht. Natürlich tue es auch gut, über die Sucht zu sprechen, „aber man kann ja nicht die ganze Zeit rumsitzen und jammern: Ich hab’s so schwer, die Sucht verfolgt mich“. Die anderen nicken. „Der Zusammenhalt gefällt mir und dass wir was zusammen machen“, erklärt eine 25-Jährige, deren Ex-Freund sie in die Gruppe brachte. Seit zweieinhalb Jahren ist die Bochumerin dabei.

Foto-Workshops stehen zum Beispiel auf dem Programm. Oder mal Boule spielen auf dem Hohenstein. Und ihr selbst hergestellter Senf, den die Gruppe auf Adventsbasaren verkauft, um etwas Geld in die Kasse zu kriegen, sei fast schon legendär. „Wir haben einen festen Kundenstamm“, schmunzelt Manfred Freund. Gerade drehen sie außerdem einen Imagefilm fürs Internet.

„Alle sind clean oder trocken“

Die eigentliche Drogensucht – „alle sind clean oder trocken“, so Freund – sei hier kein Thema. Klar, wer drüber reden wolle, vielleicht auch mal unter vier Augen, der könne das tun. Aber vor allem gehe es darum, vergessene Hobbys wieder aufleben zu lassen.

Manfred Freund, der von sich sagt, ein Helfersyndrom entwickelt zu haben, war 43 Jahre bei der Sparkasse. „Da habe ich einige Schicksale erlebt, Familien brachen auseinander.“ Kaum war er in Rente, absolvierte er eine Fortbildung zum Sucht- und Drogenberater. Wem sein Name irgendwie bekannt vorkommt: Nebenbei tritt er auch noch als Magier „Marendo“ und Hypnose-Coach auf. Freund hat übrigens mal geraucht. Er hat es sich abgewöhnt – mit Hilfe eines Buchs, das ihm seine Frau geschenkt hat.

>> SELBSTHILFEGRUPPE

Die Gruppe „Aktiv suchtfrei“ trifft sich jeden 1. und 3. Dienstag im Monat von 19 bis 21 Uhr an der Dortmunder Str. 13. Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Info: 0178/6346115 (Freund).

Es gibt rund 60 Selbsthilfegruppen für Witten/Wetter/Herdecke. Wer eine neue gründen möchte, kann sich in der Kontaktstelle melden unter 1559.