Witten. . Schon vor dem Unglück im Sommer 2015 waren umfangreiche Baumaßnahmen angelaufen. Die zerstörte Produktionshalle ist nun fast fertig.
- Vor fünf Jahren startete die Modernisierung des Weichenwerks an der Kronenstraße
- Dabei kam es bei Schweißarbeiten im Juli 2015 zum Brand: Die Produktionshalle wurde schwer beschädigt
- Nun ist diese fast fertig, zudem stehen zwei neue Gebäude
Anderthalb Jahre nach dem verheerenden Großbrand im Weichenwerk sind die Spuren des Feuers auf dem Werksgelände fast verschwunden. Neben dem Wiederaufbau der zerstörten Produktionshalle werden weitere Gebäude erneuert. Denn die Deutsche Bahn (DB) investiert kräftig in den Standort.
Bis 2020 dauert die Sanierung des Geländes an der Kronenstraße. Eine Investition in Millionenhöhe, die genaue Summe nennt DB nicht. Bereits in den letzten Jahren wurde die Produktivität des Werks erhöht, auch die Zahl der Mitarbeiter: von 336 in 2010 auf heute 390.
Fast alle Weichen in Deutschland kommen aus Witten
Fast alle in Deutschland liegenden 67 000 Weichen stammen im Prinzip aus dem Wittener Werk oder seinem Nebenstandort nahe Regensburg. Der Bund lässt stärker sanieren, was die Zahl der Aufträge für die „DB Oberbaustoffe“ erhöht. Bis zu 2400 Weichen verlassen jährlich das Werk. Konkurrenz hat der Eigenbetrieb kaum. Weichen aus Fernost etwa erfüllen nicht die deutschen Qualitätsauflagen. Schienen werden in Deutschland nicht mehr hergestellt. Nächster Zulieferer ist Voestalpine aus Österreich.
Vor etwa fünf Jahren startete der damals neue Werksleiter Hubertus Willeke ein umfangreiches bauliches Sanierungsprogramm. Eines der ersten Projekte war die Dachsanierung der Produktionshalle, wo später das Feuer ausbrach. Es funkte dem Projekt quasi dazwischen – trotzdem hielten Willeke und sein Team an den Baumaßnahmen fest.
Was alles geplant ist
Im Sommer 2017 wird die 300 m lange und 100 m breite Produktionshalle ganz fertig sein.
Bis Ende 2018 werden ein Verwaltungsgebäude plus Sozialräume angebaut. Unterirdisch wird ein Löschwasserreservoir angelegt.
Verlängert wurde eine Halle für die Endmontage von Weichen, die dann zusammengebaut zu den Baustellen gefahren werden.
Neu gebaut wurde eine Regallagerhalle. Das Lager war bislang in der bei dem Brand zerstörten Produktionshalle untergebracht.
Ein ungenutztes Gebäude wurde zum Schulungszentrum umgebaut. Die DB wird darin ab Mai in Witten ein Weiterbildungszentrum einrichten
Von der Kronenstraße aus sieht man bereits den Neubau einer Instandhaltungshalle – die eigene Werkstatt für Maschinen des Weichenwerks und Qualitätsprüflabor.
Eine Backsteinhalle an der Werkseinfahrt zum Weichenwerk wird abgerissen. Dort entsteht ein neues Verwaltungsgebäude (bis Dez. 2020). Denn ein Teil der Mitarbeiter arbeitet zurzeit in Baucontainern.
Wichtig für die Anwohner: Die Werkszufahrt wird zweispurig (bis Dez. 2019). Bislang führt eine einspurige Rampe auf das Firmengelände was oft zu einem Lkw-Rückstau auf der Kronenstraße führt .
Weichenbauer schrauben wieder im Warmen
„Einfach strukturiert, hell und warm. Das ist wunderbar!“ Peter Arndt schwärmt von seinem Arbeitsplatz in der fast fertig sanierten Produktionshalle des Weichenwerks. Dabei dürften die letzten beiden Berufsjahre zu den spannendsten im Leben des 62-Jährigen zählen – gearbeitet wurde provisorisch.
Die lange Produktionshalle kann jeder Bahnreisende sehen, der von Bochum kommend in den Wittener Hauptbahnhof einfährt. Sie wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet und war arg in die Jahre gekommen – einige Fenster schlossen nicht mehr richtig, es war zugig, kalt und dunkel.
Ein Drittel der Dachfläche war bereits erneuert worden, als am 23. Juli 2015 das Dach bei Schweißarbeiten Feuer fing – und man bis in die Nachbarstädte die hohe Rauchsäule sah. Verletzt wurde bei dem spektakulären Brand niemand. Die Belegschaft – der Dreischichtbetrieb läuft auch während der Bauarbeiten – konnte sich in Sicherheit bringen.
Peter Arndt weiß noch immer, wie ihm die Tränen kamen, als er mit seinen Kollegen den Brand beobachtete. „Uns war richtig schlecht“, erinnert er sich. Portemonnaie, Autoschlüssel – alles verbrannte mit, „und ich bin Pendler“.
Ein Drittel das Dachs vernichtete das Feuer, es wurde abgerissen. In der verbleibenden Halle – links und rechts der Brandstelle – wurde zwei Wochen später die Arbeit wieder aufgenommen. Eine Spezialfirma hatte die verrußten Maschinen gereinigt. Einige, die das Löschwasser ruinierte, wurden von Spezialfirmen überarbeitet – etwa eine Hobelmaschine, deren Elektrik hinüber war. Teils wurde die Produktion ausgelagert, in eine Lagerhalle, ins bayrische Schwesternwerk und zu Fremdfirmen.
Genau vor einem Jahr begann der Wiederaufbau des fehlenden Hallenteils. Von der einstigen Stahlkonstruktion blieb nur ein Teil der Grundpfeiler stehen. Auf sie aufgesetzt wurde ein Neubau, die Oberlichter als Tonnengewölbe. Die Fassade zur Bahnstrecke hin wurde erst vor einigen Wochen geschlossen, die Aluminiumelemente statt den roten Klinkern machen nun einen ganz anderen Eindruck.
Sogar die Schwerlastkräne mussten ersetzt werden – die Hitze des Feuers hatte die Stahlträger verzogen. Zurzeit wird der Betonboden saniert, in den die schweren Maschinen bei den Abrissarbeiten Senken gedrückt haben. LED-Strahler ersetzen die alten Halogenlampen. Heizkörper an den Decken sorgen bereits für Wärme. Im November noch hatte die Belegschaft ordentlich gefroren. Thermounterwäsche, Heizpilze, heiße Getränke spendierte die Firma. Arendt: „Das war hier kalt wie im Carport.“
>> Feuer entstand bei Sanierungsarbeiten
Laut Polizei Bochum brach das Feuer am 23. Juli 2015 bei Schweißarbeiten an einem Stahlträger des Hallendachs aus. Es entstand ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe.
Das Weichenwerk prüft derzeit, ob es das Bauunternehmen in Regress nehmen kann. Dazu muss die DB dem Unternehmen die Schuld nachweisen können. Solange das Verfahren läuft, arbeitet die Baufirma weiter.