Witten. Mehrere Generationen leben im Inklusions-Projekt der Siedlungsgesellschaft unter einem Dach. Haus der kurzen Wege und schnellen Hilfe.

Etwa 300 Meter lang ist die Straße Preinsholz, die wie eine Schanze aus östlicher Richtung zur Holzkampstraße hinunter führt. Sie liegt im Stadtteil Annen zwischen In der Mark und der Eckardtstraße. Benannt wurde sie 1955 nach dem alten Bauernhof Prein, dessen Waldbesitz sich einst auf dem Gelände befand.

Vom höchsten Punkt – am Wendehammer – hat man einen herrlichen Panoramablick über die Stadt. Und weil man Richtung Westen guckt, gibt es an Sonnentagen abends oft ein herrliches Farben-Spektakel.

Siedlung hat sich stark gewandelt

Die Siedlung Preinsholz hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Die meisten der alten Gebäude wurden abgerissen. Nur ganz oben stehen noch ältere Wohnhäuser. Bekannt wurde das Preinsholz durch das Inklusions-Wohnprojekt des „Mehrgenerationen-Wohnens“.

Im Jahr 2007 legte die Siedlungsgesellschaft Witten den Grundstein für die neue Wohnanlage. 2009 zogen die ersten Mieter ein. „Lebenslanges Wohnen in integrierter Nachbarschaft“ lautet das Motto im Gemeinschafts-Wohnprojekt. Es gibt 37 öffentlich geförderte Wohneinheiten und drei Wohngruppen – alle barrierefrei.

Alle nehmen Rücksicht aufeinander

Familie Steinborn ist vor zwei Jahren aus Dortmund ins Doppelhaus am oberen Preinsholz gezogen. Olga (31) und Jurij (36) hatten sich gleich in das Häuschen und seine Lage „über den Dächern“ der Stadt verliebt. Die Söhne Justin (7) und Julian (4) fühlen sich wohl. Die Nachbarskinder sind gleichaltrig, und im großzügigen Wendehammer gibt es reichlich Platz zum Herumtoben. „Aber da fahren nur Anwohner“, beruhigt Mama Olga. „Und alle nehmen Rücksicht aufeinander.“

Abendstimmung in der Siedlung im Preinsholz.
Abendstimmung in der Siedlung im Preinsholz. © Thomas Nitsche

Die Familie ist sich einig, hier einen Platz an der Sonne gefunden zu haben. „Manchmal verirren sich Spaziergänger und genießen den Ausblick.“ Toll sei es auch in der Silvesternacht. „Das Feuerwerk liegt uns praktisch zu Füßen“, lacht sie. Bloß bei Eis und Schnee sei es auf der Nebenstraße schon mal problematisch.

Zu Fuß oder mit dem Bus

Ein Neuankömmling im Quartier ist Stephanie Peiler (31). Als sie vom Wohnprojekt der Siedlungsgesellschaft hörte, war sie gleich begeistert. „Ich arbeite bei der Lebenshilfe, und der Umgang mit behinderten Menschen ist mir sehr vertraut“, erzählt sie. Sie kommt gerade von der Arbeit und hat auf dem Heimweg ihre Einkäufe besorgt. „Ich erledige alles zu Fuß oder nehme den Bus“, lacht sie.

Sonja Schüren (57), Ulrike Drachenberg ( 55) und Manfred Bach (59) sind in den Wohngruppen zu Hause. Sonja ist heute noch stolz, die Frau der „ersten Stunde“ zu sein. Ulrike dagegen ist die Nachzüglerin und kam als letzte in die „Frauen-WG“. Mittlerweile sind sie richtig dicke Freundinnen geworden und haben ihre Entscheidung nie bereut.

Neue Heimat für alle

Manfred Bach wohnt ein Stockwerk tiefer in der „gemischten Gemeinschaft“. Aber als „Hahn im Korb“ fühlt er sich sichtlich wohl und kommt gerne mal zum Kaffeeklatsch rauf. Betreut werden die Behinderten übrigens von der Stiftung Volmarstein und der Lebenshilfe. Heilpädagogin Heide Wallbruch (45) betont: „Wir sind hier ein Haus der kurzen Wege und schnellen Hilfe. Deshalb organisieren wir auch für unsere Senioren einen ambulanten Dienst.“ Alle haben eine neue Heimat gefunden.