Witten. . Abschied nach 25 Jahren: Das Gasthaus im Fachwerkhaus neben der Ev. Kirche Herbede wird von einem jungem Koch weitergeführt.

Die Blumen stapeln sich im Gastraum und die ersten Tränchen sind bereits geflossen: Zum 31. Januar gibt Yvonne Freudenreich das Herbeder Traditionslokal „Am Pütt“ ab. Aus persönlichen Gründen, weil die 49-Jährige ihr Leben verändern möchte.

Die Wintermonate laufen in dem Gasthaus sowieso gut, im Moment aber stapeln sich die Reservierungen. Ganz Herbede, scheint es, möchte nochmals „bei Yvonne“ vorbeischauen. Das rührt sie sichtlich, dennoch bereut die Wirtin ihre Entscheidung nicht. „Ich muss nicht schließen, ich möchte es.“ Schließlich wolle sie ein anderes Leben beginnen, da die Selbstständigkeit doch sehr zehre.

Ein Prost zum Abschied: Yvonne Freudenreich mit ihrem Sohn Leon.
Ein Prost zum Abschied: Yvonne Freudenreich mit ihrem Sohn Leon. © Freudenreich

Vor wenigen Wochen bekam sie das Angebot, bei einer Firma in ihren alten Beruf als Bürokauffrau zurückzukehren. „Das ist nicht selbstverständlich, vor allem nicht in meinem Alter.“ Anfang Februar wird Yvonne Freudenreich mit ihrem Sohn in eine Wohnung in die Herbeder Innenstadt umziehen. Und auch die Nachfolge für den „Pütt“ ist schon geregelt. „Irgendwie passt alles. Ich denke, es ist ein guter Wink des Schicksals.“

Medicus-Koch übernimmt

Gerrit Becker (34), Ehefrau Lena (32) und Baby Titus werden die Räume nun renovieren und am 1. April neu öffnen. Gerrit Becker ist der einstige Koch des Café Medicus (im Rathaus der Medizin). „Das sind Herbeder und es bleibt in Herbeder Hand“, sagt Freudenreich. Geändert werde wenig, die Ausrichtung auf bürgerliche Traditionsküche bleibe. Und: Yvonne Freudenreich wird ab und zu aushelfen – niemals geht man so ganz.

25 Jahre lang arbeitete sie im „Pütt“, 13 Jahre davon als Inhaberin. Bereut hat sie diese Jahre nicht. „In jungen Jahren würde ich mich jederzeit wieder selbstständig machen.“ Aber das Arbeitspensum – um Kosten zu sparen und die Preise klein zu halten – sei enorm. „Und es macht ein bisschen einsam.“

Wenn andere frei haben, stand sie im Lokal, sechs Tage die Woche. „Ich sehe es als Lebensqualität an, dass ich bald wieder soziale Kontakte pflegen kann. Sonst hätte ich mit 60 keine Freunde mehr.“ Am meisten freut ihre „Kehrtwende“ übrigens Sohn Leon. Der war sechs Jahre alt, als Mama das Lokal übernahm und macht nun Abitur. „Er hat schon mitgekriegt, wie angespannt ich manchmal war.“