Witten. . In der Senioren-WG am Bodenborn 47 in Bommern warten drei von sieben Zimmern auf neue Mieter. Das müssen nicht unbedingt ältere Menschen sein.

  • In der Bommeraner Senioren-WG am Bodenborn stehen drei von sieben Zimmern leer
  • Die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte hat die WG 2009 mit Caritas und DRK gegründet
  • Wer nicht allein leben will, der kann hier einziehen – wenn er zu den aktuellen Mieterinnen passt

An diesem Donnerstag steht schon vormittags Kuchen auf dem Tisch. Nicht nur, weil die Zeitung zu Besuch kommt. Auch, weil Luise Zappe Geburtstag hat. Die 96-Jährige war die erste Bewohnerin der Senioren-Wohngemeinschaft am Bodenborn, die im August 2009 eröffnet wurde.

Damals waren die sieben Zimmer sofort belegt. Inzwischen stehen drei Räume leer – weil Bewohner verstorben oder ins Heim gezogen sind. „Wir suchen dringend Mieter“, sagt Caritas-Geschäftsführer Hartmut Claes. „Es wäre ja schön, wenn drei Männer einziehen würden“, schiebt Ingrid Hein lachend hinterher.

Mittags essen alle zusammen

Die 83-Jährige selbst ist seit 2011 hier, lebte bis dahin im Dieckhoffsfeld, in einem Haus der Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte, der auch das WG-Gebäude gehört. „Damals ging es mir schlecht und meine Kinder arbeiten so lange. Da habe ich mir die WG mal angeguckt.“ Drei Tage hat Ingrid Hein im kleinen Gästezimmer zur Probe gewohnt. Heute sagt sie: „Ich würde nicht mehr ausziehen.“ Johanna Kossler (90) nickt. Auch sie sei zu Hause nicht mehr allein zurecht gekommen und „hier ist es ja angenehmer als im Heim“. Was ihr die dennoch schwere Entscheidung außerdem ein wenig erleichterte: „Ihr kocht so gut.“

Ingrid Hein (86) in ihrem WG-Zimmer.
Ingrid Hein (86) in ihrem WG-Zimmer. © Nitsche

Das Lob geht an Hauswirtschafterin Bärbel Engelage, die stets von 10 bis 13 Uhr da ist und auch jetzt schon wieder in den Töpfen rührt. Es gibt Rouladen – mit viel Zwiebeln und fettem Speck. So hat es sich das Geburtstagskind gewünscht. Mittags essen die Damen zusammen. Frühstück und Abendessen gibt’s auch gern mal auf dem eigenen Zimmer, in dem Hildegard Debus (90), neben ihren persönlichen Möbeln, zum Beispiel einen Wasserkocher und einen Toaster stehen hat. An den Wänden hängen viele Fotos von ihren Lieben. Im Regal flackert ein Totenlicht. „Zum Friedhof komme ich nicht mehr.“

Johanna Kossler (90) im Gemeinschaftsraum mit Blick zum Bodenborn.
Johanna Kossler (90) im Gemeinschaftsraum mit Blick zum Bodenborn. © Thomas Nitsche

Damit das klar ist: Wer hier lebt, ist nicht dement. Es gehe darum, Einsamkeit und Isolation zu verhinder, sagt Hartmut Claes. „Viele wünschen sich doch eine Gemeinschaft wie früher in der Großfamilie.“ In der WG gibt’s deshalb regelmäßige Spielenachmittage oder Hockergymnastik. „Wir sitzen auch oft zusammen, trinken Kaffee und quatschen. Das ist schön“, sagt Hildegard Debus, die sogar noch einmal im Monat ins Theater geht. „Die Caritas bringt mich und holt mich ab.“ Wer sonst Hilfe braucht, den unterstützen die Mitarbeiterinnen. Oder die eigenen Kinder – wie im Falle von Luise Zappe.

Weil sie inzwischen bettlägerig ist, kümmern sich ihre Töchter Gerti Christiani (65) und Christa Voigt (72) um die Mutter. Alle 24 Stunden wechseln sich die beiden ab, schlafen sogar auf dem Sofa im Zimmer. „Wir möchten uns bei der Caritas und bei der Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte bedanken, dass wir die Möglichkeit haben, Mutti rund um die Uhr zu betreuen. Das gibt es sonst nirgendwo.“

Luise Zappe ist am Donnerstag 96 geworden und war die erste Bewohnerin der WG. Ihre Töchter Christa Voigt und Gerti Christiani (r.) kümmern sich rund um die Uhr um sie.
Luise Zappe ist am Donnerstag 96 geworden und war die erste Bewohnerin der WG. Ihre Töchter Christa Voigt und Gerti Christiani (r.) kümmern sich rund um die Uhr um sie. © Thomas Nitsche

Übrigens: Es müssen nicht unbedingt Senioren sein, die einziehen. Jeder ist willkommen, zum Beispiel auch Studenten. „Hauptsache, derjenige ist in Ordnung und passt zu uns“, sagt Ingrid Hein. „Bei einer Tasse Kaffee können sich beide Seiten gegenseitig kennenlernen“, so Anne Klar, Sozialarbeiterin im Quartier von Witten-Mitte. „Beim Probewohnen gucken die Neuen dann, ob sie sich mit der Tagesstruktur anfreunden können.“ Und keine Sorge: Nicht jeder muss um halb sechs aufstehen, wie Ingrid Hein das gern tut.

>> FAKTEN ZUR WG

Die Senioren-WG am Bodenborn 47 war die erste dieser Art im Ennepe-Ruhr-Kreis. Sie hat ihren Platz in den ehemaligen Räumen der Bommeraner Gaststätte „Bei Roberto“. Die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte ging damals in Kooperation mit der Caritas und dem DRK neue Wege.

Die Warmmiete beträgt zwischen 440 und 490 Euro plus 200 Euro für die Köchin und 100 Euro fürs Essen. Wer Interesse hat, kann sich melden unter 28143-25 oder 91090-39.