Wtten. Selten haben Wittens Händler so viel Grund zur Freude wie an den verkaufsoffenen Sonntagen. Doch die paradiesischen Zeiten sind offenbar vorbei.
- Kaufleute müssen alte Wunschliste mit elf Sonntagen verwerfen und neuen Antrag bei der Stadt stellen
- Traditionsveranstaltung wie Zwiebelkirmes muss im Mittelpunkt stehen Offene Läden nur schmückendes Beiwerk
- Nachbarstädte kippen Termine wegen verschärfter Rechtsprechung, am Sonntag (8.1.) gerade erst Mülheim
Noch heute schwärmt der Handel von dem sagenhaften verkaufsoffenen Sonntag kurz vor Weihnachten. „Das war der absolut beste Sonntag“, erklärt Karl-Dieter Hoeper, Vorsitzender der Standortgemeinschaft Mitte. Deutlich gedämpfter fällt die Stimmung beim Blick nach vorn aus.
Denn was bisher Jahr für Jahr locker durchgewunken wurde, wird es so nicht mehr geben – statt bis zu 13 Terminen maximal die Hälfte.Elf Sonntage stehen zwar noch auf der alten Wunschliste. Aber der Handel sieht sich aufgefordert, einen neuen Antrag zu stellen. Mit der Maßgabe, wegen der verschärften Rechtsprechung nur verkaufsoffene Sonntage zu beantragen, wenn es einen wirklichen Anlass dafür gibt.
Nur Traditionsveranstaltung ist ein wirklicher Grund
Dieser Anlass darf nicht mehr künstlich erzwungen sein, wie es beim Frühlingsmarkt (Automeile) oder dem Lichterfest Ende Oktober (Zeitumstellung) der Fall war. Künftig dürfen Verkaufsoffene tatsächlich nur noch schmückendes Beiwerk sein, so Astrid Rademann vom Stadtmarketing – Beiwerk zur Traditionsveranstaltung, die einen verkaufsoffenen Sonntag begründet.
Demnach wäre in diesem Jahr nur die Zwiebelkirmes ein relativ sicherer Grund. Die findet schließlich schon seit bald 600 Jahren statt. Alles andere erscheint fraglich. Rademann gibt zwar auch dem starken Sonntag in der Adventszeit noch gute Chancen. Doch selbst der, weiß Händler-Sprecher Karl-Dieter Hoeper, sei in Städten wie Solingen schon gekippt worden.
Kaufleute schnüren neues Terminpaket
Die Kaufleute setzen sich nun am Mittwoch (11.1.) zusammen, um ein Terminpaket zu schnüren. Hoeper wäre froh, wenn der City zumindest noch drei Sonntage blieben. Ersatz für den Frühlingsmarkt könnte die Himmelfahrtskirmes sein. In den Stadtteilen hofft er auf das Frühlingsvolksfest in Annen und das Oktoberfest in Herbede. Sein Vize Oliver Klein (Kaufhof) will sogar weiter für vier Verkaufsoffene im Zentrum kämpfen. Er beruft sich dabei auf die „Abstimmung mit den Füßen“, sprich den Wunsch der Käufer.
Doch wie ernst die Lage ist, zeigen die Beispiele der Nachbarstädte. In Mülheim wurde der Verkaufsoffene gestern gekippt, in Bochum droht Verdi mit Klagen gegen alle acht beantragten Sonntage. Im September wurde u.a. ein Termin im Ruhrpark vom Rat verworfen. Auch für Ostermann sähe es schlecht aus. Der Wittener Möbelriese konnte sich bisher auf das „Familienfest in Rüdinghausen“ berufen, wenn er sonntags öffnete. Dahinter steckte nichts anderes als ein Verkaufsnachmittag in dem Gewerbegebiet.
<<< Kommentar
Lichterfest, Straßenfest, Kartoffelfest, Familienfest – in der Tat waren die Anlässe für einen verkaufsoffenen Sonntag oft an den Haaren herbeigezogen. Die Wirklichkeit war und ist: Es gibt nur einen Anlass – den Wunsch der Händler, die Stadt vollzubekommen. Ihr Anliegen ist völlig berechtigt und man kann nur hoffen, dass sich Politik und Verwaltung für ein gesundes Mittelmaß entscheiden.
Die Händler, die nun einen abgespecktes Terminpaket schnüren müssen, sollten nicht in vorauseilendem Gehorsam zu bescheiden sein. Acht verkaufsoffene Sonntage, vier in der City, vier in den Stadtteilen, wären vernünftig. Gewerkschaft und Kirchen sollten trotz ihrer nachvollziehbaren Bedenken (Sonntagsruhe, sonntags gehört Mami der Familie) nicht überziehen. Denn wo kein Kläger, da kein Richter.