Hattingen. . Für Thorsten Kestner, Chef der Vogelpflegestation Paasmühle, war 2016 ein hartes Jahr – zwischen persönlichem Verlust und jeder Menge Arbeit.
- Thorsten Kestner, Chef der Vogelpflegestation Paasmühle, verlor seine Frau
- Er feierte einen Erfolg beim von der Paasmühle organisierten Vogelfestival am Kemnader See
- Und ein verirrter Basstölpel, eigentlich ein Hochseevogel, sorgte für Aufregung
Er gehört zu den Menschen, für die das Jahr 2016 vor allem für eines steht: Verlust. Doch auch nach dem Tod seiner Frau Anna ist im Gespräch mit Thorsten Kestner nur hin und wieder jenes Vakuum zu spüren, das mit Trauer verbunden ist. Kein Wunder – als Chef der Pflegestation für Eulen, Greif- und Wasservögel hat der gebürtige Wittener jede Menge zu tun und für Schwermut im Grunde genommen auch gar keinen Platz. Den nehmen alleine schon seine gut 400 gefiederten Patienten ein, die im Teamwork mit ehrenamtlichen Helfern auf dem Hof an der Paasstraße in Hattingen rund um die Uhr versorgt und damit gerettet werden.
„Das war unser erfolgreichstes und zugleich auch härtestes Jahr“, sagt Thorsten Kestner. Nach sieben Jahren Krankheit habe er sich an der Seite seiner Frau auf den Abschied einstellen können, so gut das eben geht. Sich mit dem Krebs zu arrangieren und letzten Endes auch mit dem Sterben, sei ganz aus der Nähe betrachtet „völlig anders als man denkt.“ Dass Anna Kestner die Paasmühle als Künstlerin mit ihrer Werkstatt über lange Zeit geprägt hat, ist nicht nur im Haus zu spüren. „Anna ist vor 17 Jahren hier einzogen“, erinnert sich Thorsten Kestner. Der Architekt hat das Fachwerkhaus auf der Stadtgrenze zwischen Hattingen und Sprockhövel einst als junger Mann übernommen, mit gerade mal 18 Jahren. „Ich hatte damals schon Tiere – aber noch keinem Gedanken daran, was hier alles auf mich zukommt.“
Vogelfestival wird es wieder geben
Beim Umbau über die Jahre hinweg habe er zwischendurch auch mal im Sand geschlafen. „Ich baue halt immer.“ Zu den unbestrittenen Höhepunkten 2016 gehört das Vogelfestival an der Ruhr, das am 27. und 28. August Tausende Gäste angelockt hat und erstmals vom Verein der Paasmühle organisiert worden ist. „Eine tolle Veranstaltung, die es auch Ende August 2017 wieder geben wird – dann noch größer und als Naturfestival.“
Und die besagten Patienten mit Gefieder? Alleine bis Anfang Dezember waren insgesamt 55 Greifvögel, 42 Eulen, 563 Wasservögel und 605 Singvögel an der Paasmühle zu Gast – mehr oder minder freiwillig. Die hohe Zahl an Singvögeln kam durch die Beschlagnahme von Beständen illegaler Vogelhändler zustande. In Zusammenarbeit mit den Behörden mussten die Vogelschützer im Sommer bei einem sehr großen Bestand sehr schnell handeln und in kurzer Zeit verschiedenste Futtersorten heranschaffen, wie Kestner berichtet. In den Monaten darauf habe man die Singvögel nach und nach freigelassen – nach Pflege, Bestandsaufnahmen und harter Arbeit. „Das war genau genommen kein Highlight“, sagt der 52-Jährige rückblickend. „Das war ein Alptraum.“
Basstölpel ist wohl falsch abgebogen
In eine ähnliche Kategorie fällt dann wohl auch die dreiwöchige Pflege eines monumentalen Basstölpels, der eigentlich ein Hochseevogel ist, auf seinem Durchflug aber offenbar „falsch abgebogen sein muss“, wie Kestner es auf den Punkt bringt – und der schließlich im Ruhrgebiet landete. „Einen solchen Vogel zu versorgen, kommt einmal in zehn Jahren vor. Das ist so, als würde ein Wal im Rhein stranden.“ Einen Basstölpel mit spitzem Schnabel und nicht unbedingt guter Laune mit frischem Fisch zu ernähren, sei weit mehr als nur ein Grenzgang. „Der hat uns ziemlich gemetzelt.“ Aber letzten Endes ist es dem Team an der Paasmühle gelungen, auch diesen Patienten mit natürlichen Tragflächen wieder in die Spur zu bringen. Als nur einer von vielen, die in der Pflegestation ihren Platz beanspruchen und selbst zwölf lange und nicht immer einfache Monate vergehen lassen wie im Flug.