Witten. . Sabine Wirths-Hohagen betreibt seit zehn Jahren die Buchhandlung am Markt. Ein Gespräch über Möbel, die Wittener Kunden und liebe Gewohnheiten.
- Sabine Wirths-Hohagen ist seit zehn Jahren Inhaberin der Buchhandlung Lehmkul am Markt
- Zum kleinen Jubiläum erzählt sie von Büchern, Möbeln und den Wittener Kunden
- Johannes Lehmkul eröffnete 1934 zunächst ein Schreibwarengeschäft in der Ruhrstraße
„Hallo, Frau Lehmkul.“ Nicht selten passiere es, dass jemand sie so anspricht, sagt Dr. Sabine Wirths-Hohagen und schmunzelt. Dabei hat die 57-Jährige die alteingesessene Buchhandlung am Rathausplatz schon vor zehn Jahren von den Lehmkuls gekauft. Am alten Schriftzug überm Ladenlokal mag es liegen, dass sich mancher Wittener noch nicht umgewöhnt hat. Vielleicht auch an den Echtholzregalen, die ebenfalls von früher stammen.
Hallo, Frau Wirths-Hohagen! Ihr Buchladen verströmt einen gewissen Retro-Charme. Keine Lust auf neue Möbel?
Sabine Wirths-Hohagen: Eine neue Einrichtung ist nicht zu finanzieren. Davon abgesehen – zu perfekt gefällt mir nicht. Unser Buchladen ist mit seinen gerade mal 40 Quadratmetern Verkaufsfläche eben klein und kuschelig. Immerhin haben wir aber vor vier Jahren die Beleuchtung erneuert. Strahler ersetzen die alten Neonröhren und bringen sehr viel Licht hier herein.
Sie stammen aus Moers, haben in Münster Politikwissenschaften, Publizistik und Soziologie studiert, zuletzt in Berlin gearbeitet. Wieso hat es Sie zu uns verschlagen?
Mein Mann kommt aus Witten. Er war Stammkunde bei Lehmkul und hatte mitbekommen, dass sie 2006 schließen wollten. Ich habe mich dann ziemlich schnell entschieden, weiterzumachen. Sonst gäbe es diese Buchhandlung sicher nicht mehr.
Von der quirligen Großstadt ins eher beschauliche Witten...
Ja, alle haben mich damals bedauert. Doch Wittens Größe sind nicht nur die kurzen Wege, sondern auch seine Menschen, die einander noch kennen. Ihr Engagement und ihre Liebenswürdigkeit haben mir geholfen, hier Fuß zu fassen. Trotzdem bleibt das schrille Berlin meine dritte Heimat. Ich habe dort immer noch Freunde.
Im Vergleich zu den großen Ketten: Was macht Ihren Laden aus?
Hier kommen Kunden rein, die sich austauschen und beraten werden möchten, die das Spezielle suchen. Das geht nur, weil ich tolles Personal habe, das ich zwar nicht nach Tarif bezahlen kann, das aber trotzdem mit Leidenschaft seine Arbeit macht. Lehmkul ist ein Team. Aber: Ich verstehe auch jeden, der in ein großes Geschäft geht und dort in Ruhe gelassen werden möchte.
Händler haben Verantwortung für die Innenstadt
Was halten Sie denn vom Online-Handel?
Ich habe tatsächlich schon darüber nachgedacht, einen Webshop einzurichten. Aber viele Kunden haben gesagt: Lassen Sie’s. Die kommen doch, weil sie bewusst nicht im Netz Bücher kaufen. Nicht zuletzt haben wir Händler ja auch eine Verantwortung für unsere Innenstädte. Allerdings gibt es viele Menschen, die einfach kaum Zeit haben, einkaufen zu gehen. Denen kann man es nicht übel nehmen, wenn sie online bestellen.
Das muss jetzt noch sein: Was lesen Sie gerade und was lesen Sie am liebsten?
Aktuell lese ich „Die schönsten Weihnachtsgeschichten“, ein Schmuckstück von Buch und ein Verlagsgeschenk an uns Händler. Ansonsten mag ich Kinderbücher und generell Bücher, die mich bereichern. Ein Buch ist wie ein Mensch, der einen eine Zeit lang begleitet. Übrigens: Ich lese am liebsten im Bett.
Haben Sie ein E-Book?
Nein, denn ich liebe es noch, Bücherecken umzuknicken, um zu markieren, an welcher Stelle ich gerade bin.
>> HISTORISCHES UND AKTUELLES
Johannes Lehmkul eröffnete 1934 in der Ruhrstraße und später an der Marktstraße 1 ein Schreibwarengeschäft und eine Leihbücherei, denn eine Stadtbibliothek gab es in Witten damals noch nicht. Seit 1949 hat die Buchhandlung ihren Platz am heutigen Standort an der Marktstraße 5. Sohn Norbert übernahm 1964 das Geschäft, das er bis 2006 führte.
Nach seinem Eintritt ins Rentenalter entschied sich das Ehepaar Lehmkul, die Buchhandlung zu schließen – bis mit Sabine Wirths-Hohagen doch eine neue Inhaberin gefunden war. Sie führte ab 2006 – zunächst unter der Mitarbeit von Norbert und Gisela Lehmkul – das Traditionsgeschäft weiter. Zum 1. April 2008 schieden die Lehmkuls ganz aus. Sie wohnen heute in Hamburg, wo bereits ihre Tochter lebte.
Sabine Wirths-Hohagen erweiterte das klassische Angebot um Kartenvorverkäufe, „um Menschen in den Laden zu holen, die ihn sonst nicht betreten würden“. Das ehemalige Lager in der ersten Etage stand nach entsprechender Renovierung als Raum für Kleinkunst zur Verfügung. Auch andere nutzen ihn für Lesungen oder Treffen, etwa die Martin-Luther-Gemeinde. Auch Yoga-Kurse fanden dort schon statt. Im Laden selbst arbeiten, außer der Buchhändlerin, die Festangestellte Linda Unger und im stundenweisen Wechsel vier Aushilfen.
Alle zwei Jahre geht’s zur Leipziger Buchmesse
Sabine Wirths-Hohagen kooperiert außerdem mit Kollegin Inka Beermann aus Herdecke. Gemeinsam bieten die beiden Frauen – neben der jährlichen Tour zur Frankfurter Buchmesse – alle zwei Jahre eine Fahrt zur Leipziger Buchmesse an.
„Das ist eine tolle Sache und seit der ersten Reise bin ich Botschafterin dieser wunderschönen Stadt im Osten Deutschlands“, schwärmt „Frau Lehmkul“. Sie ist außerdem Mitglied im Bommeraner Gospelchor Singing Alive, bei den Naturfreunden und im Alpenverein. Und nicht zuletzt gehört die Buchhändlerin den Soroptimisten an sowie dem Beirat der Standortgemeinschaft Witten-Mitte