witten. Wenn die Raketen zu Silvester explodieren, können manche Hochhaus-Bewohner das auf Augenhöhe erleben. Treffpunkt 13 Stock. Wir waren ganz oben.
- Hochhaus in Heven hat 13 Stockwerke. Leon Schulte-Zweckel wohnt ganz oben
- Von seinen Nachbarn bekommt der 26-Jährige nicht viel mit
- Er genießt die besondere Lage und schätzt die günstige Miete
Leon Schulte-Zweckel steht auf dem Balkon im dreizehnten Stock und schaut in die Tiefe. „Höhenangst sollte man hier oben lieber nicht haben – aber ein gesunder Respekt kann nicht schaden.“ Ein kalter Wind weht um das Hochhaus in der Schulze-Delitzsch-Straße 23. Die Autos auf dem Bürgersteig schrumpfen auf Spielzeuggröße. Hinter den Dächern Hevens breitet das Ruhrtal seine grünen Hügel aus.
Seit drei Jahren wohnt Leon in der vermutlich am höchsten gelegenen Wohnung der Stadt. Elf Wohnungen hat er sich angeschaut, bevor sein Traum wahr wurde. „Es ist perfekt. Die Aussicht hat mich sofort begeistert und die Miete liegt unter dem Wittener Durchschnitt.“ Der 26-Jährige hat nur einen direkten Flurnachbarn: „Und das ist auch noch ein guter Kollege von mir. Wir treffen uns öfter mal auf dem Balkon.“
Mehr als 100 Bewohner leben in dem 70er-Jahre-Klotz auf dem Hevener Hügel. Früher war die Gegend als sozialer Brennpunkt verschrien. Heute gibt es selten Streitigkeiten. Vielleicht auch, weil die meisten Bewohner wenig Kontakt untereinander haben. „Wenn man von den Nachbarn nichts mitkriegen will, kriegt man auch nichts mit“, sagt Leon.
Der Fahrstuhl zurück ins Erdgeschoss ruckelt irgendwo zwischen dem neunten und achten Stockwerk. Jemand hat eine Reihe Striche in die Metallwände des Aufzugs geritzt. Im vierten Stock stemmen zwei ältere Frauen die Tür auf und fahren mit runter. Eine der beiden Damen trägt eine rote Samtweste und erklärt, dass sie aus Serbien komme. Sie deutet auf ein Klingelschild mit dem Namen „R. Ismali“ und dann auf sich selbst. Es sei sehr schön, hier zu leben. Viele Bewohner kämen aus Osteuropa, Griechenland und Portugal. Deshalb werde mit Händen und Füßen gesprochen.
Xhemail Tusha kommt gerade von der Arbeit und schließt seinen Postkasten auf. Er wohnt mit seiner Familie im zehnten Stock. „Für unsere Kinder ist es toll. Es gibt hier viele Grünflächen und Spielplätze in der Nähe“, erzählt der Familienvater. „Auch der TuS Heven ist direkt um die Ecke.“ Von den Nachbarn hat Xhemail noch nicht viel mitbekommen. „Wir wohnen erst seit fünf Monaten hier. Man sieht sich mal, kommt aber selten ins Gespräch.“
Lebensader des Hauses ist der Fahrstuhl, Baujahr 1979. Einige Bewohner fahren damit abends in den 13. Stock und schauen über das Lichtermeer. „Ab und zu treffen sich hier auch mal ein paar Teenager und rauchen heimlich. Da halten wir aber den Mund“, verrät Leon Schulte-Zweckel. Der 26-Jährige geht oft mit seiner Kamera auf den Balkon. „Ich bin leidenschaftlicher Landschaftsfotograf. Die Sonne geht direkt vor meinem Wohnzimmerfenster unter.“
Besonders am letzten Tag des Jahres ist der 13. Stock ein begehrter Treffpunkt. Leon: „Wir haben in den vergangenen Jahren in meiner Wohnung Silvester gefeiert. Die Raketen aus der Stadt explodieren auf Augenhöhe.“