Eigentlich ist die Ferienzeit da, um zu entspannen. Aber immer mehr Kinder und Jugendliche können das gar nicht so einfach. Die Gründe: Reizüberflutung und ein immer hektischerer Alltag
Zukunftsangst, Internet-Mobbing, Beschleunigung – all diese Faktoren beeinflussen die Psyche. Auch Kinder und Jugendliche haben zunehmend mit Stressgefühlen zu kämpfen. An Ferien ist da manchmal nicht zu denken.
Es sind erste Anzeichen, wie Nervosität, Unkonzentriertheit, später auch Aggressivität – die Zahl gestresster Kinder und Jugendliche nimmt laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK zu. Jeder zweite Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren empfinde gelegentlich bis häufig Stress. „Tendenz steigend”, heißt es in der Studie. Entspannung – zum Beispiel in den Ferien – funktioniert nicht immer.
Das kann die Wittener Neurologin Dr. Rita Wietfeld bestätigen. In ihrem Praxisalltag kommt es häufiger vor, dass hyperaktive Jugendliche Thema sind, berichtet sie auf Anfrage unserer Zeitung. So würden sich bei der Nervenärztin in letzter Zeit mehr Mütter wegen ihrer verhaltensauffälligen Kindern melden und auch das Jugendamt schicke mehr Jugendliche zur ihr in die Betreuung. „Die psychischen Probleme nehmen zu, aber es gibt nicht genug Fachtherapeuten für Kinder”, sagt sie. Auch Rita Wietfeld hat eigentlich eine andere Zielgruppe. „Ich kann keine Fachdiagnose stellen, aber ich kann beobachten.”
Ihrer Meinung nach liegt die Ursache für die Stress-Zunahme in der Reizüberflutung. „Die Zeit dreht sich immer schneller”, sagt sie. Immer sei man überall erreichbar. Hier eine SMS, dort ein Chat am Computer, dann ab zum Termin. „Der Mensch ist für diese Beschleunigung nicht geschaffen”, sagt sie. Auch die technikbegeisterte Jugend braucht mal Ruhe von der Pixelwelt. Wichtig sei ein guter Umgang mit sich selbst. Einer, der die Muße möglich mache. „Aber viele Jugendliche wissen nicht mehr, wie das geht.”
Das Problem: Schon junge Kinder sind oft überfordert. „Manchmal fehlen schlicht klare Grenzen”, sagt die Neurologin. „Gerade Heranwachsende brauchen eine Welt mit Regeln.” Wer zu viele Möglichkeiten hat, zu vielen Reizen ausgesetzt ist, kommt ins Schlittern. Das kann, laut Dr. Rita Wietfeld, negativen Stress fördern. Hinzu kommt, dass Jugendliche viel Zeit in digitalen Netzwerken verbringen. Dort werden oft Schüler „förmlich an den Pranger gestellt.” Das ist großer psychischer Stress. „Die Auswirkungen sehen wir dann in vierzig Jahren ”, sagt die Nervenärztin.
Die Lösung: „Die muss mit den Eltern erarbeitet werden.” Zum Beispiel: Mehr Ausflüge in die Natur, mal einen Kuchen backen und öfter den Computer ausschalten.