Witten. . Die Synode hat Julia Holtz an die Spitze des evangelischen Kirchenkreises gewählt. Die Wittener Pfarrerin will ausgetretene Pfade verlassen.

  • Das evangelische Kirchenparlament wählt Julia Holtz zur Nachfolgerin von Superintendent Ingo Neserke
  • Die Wittener Pfarrerin will auch überzeugende Antworten auf „religiöses Analphabetentum“ finden
  • In das Leitungsgremium wurden zwei weitere Frauen gewählt. Beide haben ihre Wurzeln in Witten

Klar, strukturiert und offen – mit diesen Eigenschaften punktete die Wittenerin Julia Holtz (54) bei ihrer Wahl zur neuen Superintendentin des Kirchenkreises Hattingen-Witten. Im dritten Wahlgang schaffte sie den Sieg. Anfang 2017 tritt sie die Nachfolge von Ingo Neserke an, der in Dortmund Leiter des Amtes für missionarische Dienste wird.

Drei Kandidaten hatten sich auf der Synode in Hattingen vorgestellt. Neben der Pfarrerin der Wittener Johannisgemeinde bewarben sich Claus Humbert (57), Pfarrer in Annen, und Frank Rüter (54) aus Oer-Erkenschwick. Julia Holtz hielt eine beeindruckende Rede, machte ihre Bereitschaft klar, ausgetretene Pfade zu verlassen, wenn es um kluge Lösungen in diesen Zeiten geht. Denn die Aufgaben für die Kirche werden mehr, das Personal weniger und die Einnahmen schrumpfen.

Julia Holtz hebt die Vorreiter-Rolle des Kirchenkreises hervor

Das Amt der Superintendentin reize sie, weil „sie in unserer Landeskirche immer wieder eine Vorreiterrolle einnimmt. Es ist kein Zufall, dass sowohl die Creative Kirche als auch die Popakademie sowie das Amt der Gemeindeschwester neuer Ordnung hier ihren Ursprung haben“, sagt sie. Angesichts der Herausforderungen in der Zukunft sei es wichtig, den eigentlichen Auftrag der Kirche nicht aus dem Blick zu verlieren, die geistliche Vision für die Zukunft zu entwickeln und gemeinsam wach zu halten.

Offen für gottesdienstliche Vielfalt ist die Pfarrerin. Fasziniert habe sie, dass der Kirchenkreis Hattingen-Witten in „versöhnlicher Verschiedenheit eine mixed economy“ praktiziere. Das bedeute, dass verschiedene Gottesdienstformate gleichberechtigt nebeneinander stehen und so unterschiedlich geprägte Menschen erreicht werden.

Sie will Antworten auf „religiöses Analphabetentum“ finden

Neue Wege gehen, Vielfalt zulassen und mit Schwung gemeinsam die kommenden Aufgaben bewältigen, das sind zentrale Punkte in der Arbeit der neuen Superintendentin. „Ich glaube, dass ich die Gabe der Vermittlung habe und es mir gelingt, Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Prägungen zusammenzubringen.“

Bei den Neuwahlen in den Kreissynodalvorstand gewählt (von links): Assessorin (stv. Superintendentin) Sabine Grünschläger-Brenneke, Superintendentin Julia Holtz, Schriftführerin Ute Wendel.
Bei den Neuwahlen in den Kreissynodalvorstand gewählt (von links): Assessorin (stv. Superintendentin) Sabine Grünschläger-Brenneke, Superintendentin Julia Holtz, Schriftführerin Ute Wendel. © Nicole Schneidmüller-Gaiser

Auch wenn die gesellschaftlichen Entwicklungen noch so widrig erscheinen, schrecken lässt sich Julia Holtz nicht. „Bei sinkender Mitgliederzahl und überproportional rückläufiger Finanzkraft gilt es, in unserer Verkündigung, Seelsorge, Bildungsarbeit und Diakonie so überzeugend zu sein, dass wir einem zunehmenden religiösen Analphabetentum entgegentreten können. Wir müssen zeitgemäß und kommunikationsfähig sein, um in der Sache eindeutig unsere Botschaft von der Liebe Gottes zu verkündigen.“

Pfarrerschaft vor großem Umbruch

Eine weitere „Baustelle“ ist die Altersstruktur der Pfarrerschaft. „Die große Mehrheit ist zwischen 1957 und 1967 geboren, so dass die Jahre 2022 bis 2034 von ständigen Pensionierungen geprägt sein werden.“ Hier sei besondere Voraussicht in der Personalplanung geboten, um Übergänge gut zu begleiten und Abbrüche zu verhindern.

Synode wählt drei Frauen ins Leitungsgremium

Gemeinsam mit Julia Holtz wird eine weitere Frau an der Spitze die Geschicke des Kirchenkreises lenken. Zur Assessorin, also stellvertretenden Superintendentin, wurde Pfarrerin Sabine Grünschläger-Brenneke gewählt. Die gebürtige Wittenerin leitet das gemeinsame Schulreferat der Kirchenkreise Hattingen-Witten und Schwelm. Mit Schriftführerin Ute Wendel, Pfarrerin in Herbede, wurde eine weitere Wittenerin in den achtköpfigen Kreissynodalvorstand gewählt.

>> Seit 1995 Pfarrerin in der Wittener Innenstadt

Einen spannenden Lebensweg hat die neue Superintendentin Julia Holtz (54) hinter sich. Die verheiratete Wittenerin und Mutter eines 15-jährigen Sohnes hat in Bielefeld, Marburg und Münster evangelische Theologie studiert. Ein knappes Jahr war sie als Freiwillige an der evangelischen Schule Talitha Kumi in Beit Jala (Westjordanland) im Bereich des Mädcheninternats und des Deutschunterrichts tätig.

Heute ist sie Pfarrerin im 2. Pfarrbezirk der Johanniskirchengemeinde Witten. Viermal hat sie Studien- und Begegnungsreisen nach Israel/Palästina geleitet. Sie ist Gründungsmitglied des Wittener Weltladens und des Soroptimist Clubs Witten-Ruhr. Soroptimist International ist ein Service-Club für Frauen im Beruf, der sich für die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Frauen und Mädchen weltweit einsetzt.