Witten. Nach der Messerstecherei in einer Flüchtlingswohnung muss ein 21-jähriger Afghane fast sechs Jahre ins Gefängnis. Das Opfer überlebte nur knapp.

  • Nach Streit mit zwei Brüdern stach 21-jähriger Afghane Mann nieder und verletzte ihn fast tödlich
  • Von einer Verurteilung wegen versuchten Mordes sieht Bochumer Landgericht aber ab
  • Täter zu fast sechsjähriger Haftstrafe verurteilt. In Heimat wurde er selbst von Taliban angegriffen

Nach einer Messerattacke in einer Flüchtlingswohnung im April in der Eckardtstraße muss der Täter lange hinter Gitter. Das Bochumer Landgericht verurteilte einen Afghanen wegen versuchten Totschlags zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre und sieben Monate gefordert.

Der 21-Jährige wohnte mit zwei Brüdern zusammen. Einen von ihnen verletzte er schwer. Immer wieder hatte es Streit zwischen dem Trio gegeben. Die Brüder hatten mehrmals beim Sozialamt und der Polizei versucht, von ihrem Mitbewohner getrennt zu werden. Am 11. April eskalierte die Situation und endete für einen der Brüder fast tödlich.

Mitbewohner durchs Treppenhaus gehetzt

Nach einer verbalen Auseinandersetzung hatte der 21-Jährige damals nach Überzeugung des Gerichts zu einem 20 Zentimeter langen Messer gegriffen. Er hetzte seine Mitbewohner damit durchs Treppenhaus. Auf einen der beiden stach der jetzt verurteilte Afghane ein und fügte ihm schwere Verletzungen an Gesäß und Schulter zu. Gemeinsam konnten die Brüder den Täter schließlich überwältigen.

Das Opfer musste notoperiert werden. Sonst wäre es vermutlich verstorben. Während die Brüder angaben, grundlos angegriffen worden zu sein, hatte der Angeklagte erklärt, selbst attackiert worden zu sein. Er habe sich nur schützen wollen. Dafür gab es nach Anhörung mehrerer Zeugen aber keine Anhaltspunkte.

Einen versuchten Mord, den die Staatsanwaltschaft angeklagt hatte, erkannte die Kammer jedoch nicht. „Niedere Beweggründe“, von denen in der Anklage die Rede waren, seien nicht gegeben. Das Gericht verurteilte den Afghanen wegen versuchten Totschlags. Auf eine Verurteilung im Rahmen des Jugendstrafrechts, wie vom Verteidiger beantragt, wollte es sich aber nicht einlassen.

Von Taliban selbst angegriffen

Das wäre möglich gewesen, weil der Afghane zum Tatzeitpunkt erst 20 war. Das Gericht hielt dem Mann zugute, dass er in seiner Heimat von den Taliban selbst mit einem Messer angegriffen worden war. Trotz dieses Angriffs sei er aber voll schuldfähig, so ein Gutachter.