Zufall? „Nein“, erwidert Edgar Pferner, „ein Geschenk des Himmels!“ In der vergangenen Woche hat der Wittener Obermeister der Friseurinnung Bochum in Rom Papst Franziskus getroffen: fast auf den Tag genau 50 Jahre, nachdem ihm die Flucht aus der DDR gelang. Entsprechend symbolhaltig war ein Geschenk, das der 64-Jährige dem Kirchenoberhaupt stolz überreichte: ein stählernes Kreuz, gefertigt aus einem ehemaligen Grenzzaun seines Heimatlandkreises Eichsfeld (Thüringen).

Hier, im 700-Seelen-Ort Reinholterode, hatte sich der 14-jährige in einer Novembernacht 1966 Skier untergeschnallt, um mit seinem Vater die verminten Grenzanlagen zu überwinden. Dass beide heil im Westen ankamen, bezeichnet Pferner bis heute als „ein Wunder“. Die erfolgreiche Flucht, das private und berufliche Glück als Friseurmeister mit eigenem Salon in Witten begründen den tiefen christlichen Glauben, den Edgar Pferner Tag für Tag lebt und praktiziert.

Ein Herzensanliegen sind ihm die traditionellen Wallfahrten „seiner“ Eichsfelder zum Kloster Bochum-Stiepel und die Handwerkermesse bei den Zisterzienser-Brüdern. Hier erfuhr Edgar Pferner 2015 von einem Stück Berliner Mauer, das einst am Potsdamer Platz stand und dank der Unterstützung des Ehepaars Deschauer alsbald auf dem Klostergelände aufgestellt werden sollte. Pferner förderte fortan nicht nur die Errichtung des Mahnmals. „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“: Dieses Leitwort, das an dem 2,5-Tonnen-Koloss prangt, wollte der Friseurmeister zum 25. Jahrestag der Einheit um eigene, authentische Akzente ergänzen.

Draht stammt aus DDR-Grenzzaun

Pferner schaffte es, Überreste eines Grenzzauns aus dem Eichsfeld zu sichern. Schlosser, Schreiner, Drucker und weitere Gewerke: In einer Gemeinschaftsarbeit machten sich die Innungen der Kreishandwerkerschaft daran, aus dem Grenz-Draht sieben 1,20 Meter hohe Kreuze zu fertigen. Sechs der christlichen Symbole wurden inzwischen verschenkt: u.a. an Kindergärten, das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig und die Heimkehrer-Dankeskirche in Bochum.

Ein Kreuz bewahrte Pferner auf.

Er tat gut daran.

Denn es gelang, Kontakt zum Kurienerzbischof Gänswein in Rom herzustellen. Dieser Tage geschah, wovon Millionen Gläubige nur träumen dürfen: Der Papst gewährte Edgar Pferner eine Audienz. Als „eindrucksvoll und tief bewegend“ beschreibt der Wittener, der u.a. von Ehrenobermeister Lutz Hannuschka begleitet wurde, die Begegnung mit dem Heiligen Vater. „Interessiert und zugewandt“ habe Franziskus der Geschichte des Kreuzes während der über fünfminütigen Audienz auf dem Petersplatz gelauscht und das Geschenk dankend angenommen.

Dabei wäre die Pilgergruppe fast gar nicht bis zum Papst vorgedrungen. „Die Schweizer Garde hat sehr skeptisch geguckt, als wir mit dem scharfkantigen Stahlkreuz anrückten“, schmunzelt Edgar Pferner. „Aber dann ging doch noch alles gut und man ließ uns vor.“

Ein Geschenk für den Papst.

Ein Geschenk des Himmels.