Witten. Die Tafel ist 20 Jahre alt geworden. Ein Anlass zum Feiern? Wie man’s nimmt: Immer mehr Bedürftige sind auf die günstigen Lebensmittel angewiesen.

  • Inzwischen werden an der Herbeder Straße 22 rund 1600 Menschen mit Lebensmitteln versorgt
  • Jährlich gibt’s außerdem 10 000-mal Frühstück und Mittagessen für Bedürftige
  • Zahl der Klienten steigt, aber das Spendenaufkommen der Supermärkte ist rückgängig

Gut 10 000-mal Frühstück und ebenso viele Mittagessen gibt die Wittener Tafel jährlich aus. Bei Kaffee und Kuchen feierte sie am Samstag 20-jähriges Bestehen.

„Unsere Einrichtung ist mit der gestiegenen Nachfrage gewachsen“, sagt Mareike Schreiber, eine Mitarbeiterin an der Herbeder Straße 22. Allerdings hat sich die Situation für die Tafel verschärft. Weil einerseits die Supermärkte weniger spenden, die Zahl der Tafelkunden aber um ein Viertel gestiegen ist, müssen die Helfer die Waren stärker rationieren.

Leiter: „Es gibt weniger Waren für mehr Leute“

„Es gibt weniger Sachen für mehr Leute. Da muss man eben gut haushalten“, sagt Leiter Jürgen Golnik. Die Tafel gibt Lebensmittel für kleines Geld an Bedürftige ab. Dort bekommen sie auch Frühstück und Mittagessen.

Durch die Flüchtlinge hat sich die Kundenzahl um 25 Prozent erhöht. Aktuell besitzen in Witten 1100 Menschen eine Kundenkarte für den Tafelladen – die man nur nach Vorlage etwa des Hartz IV- oder des Rentenbescheides erhält. Über jede Kundenkarte werden auch Angehörige versorgt. Letztlich gibt die Tafel Lebensmittel für etwa 1600 Menschen aus. 2015 zählte die Hilfsorganisation noch 650 Kundenkarten.

Heute kommen oft Großfamilien

Kamen einst alleinerziehende Mütter oder Rentner, sind nun häufig Großfamilien anzutreffen. Rolf Dreesbach (71) ist Stammkunde. Zusammen mit seiner Frau kommt der Rentner jeden Montag zum Einkauf in den Tafelladen. „Die Mitarbeiter sind sehr freundlich und hilfsbereit. Wir kaufen Gemüse und Obst, Milch, Brot und Brötchen“, erzählt er. „Manchmal gibt es auch Fleisch, Reis oder Nudeln, aber das ist selten.“ Für ihn und seine Frau bedeute der Besuch auch eine willkommene Abwechslung, um unter Leute zu kommen.

Die Bedürftigen kaufen im Tafellädchen für kleine Beträge ein: Sie zahlen zwei Cent für ein Brötchen oder 25 Cent pro Kilo Obst oder Gemüse. Das wird in Portionen abgegeben. Die Wittener Tafel will weiter gewährleisten, dass möglichst viele Menschen von den gespendeten Waren profitieren. Bis jetzt mussten noch nie Besucher abgewiesen werden. „Hier wird keiner weggeschickt, auch nicht, wenn der Nachweis der Bedürftigkeit fehlt“, stellt Mitarbeiterin Mareike Schreiber klar.

 Rolf Dreesbach ist täglich vor Ort. Er lebt vom Angebot der Tafel.
Rolf Dreesbach ist täglich vor Ort. Er lebt vom Angebot der Tafel. © Walter Fischer

63-Jähriger kommt täglich zum Frühstück

Franz-Josef Juchems (63) kommt täglich zum Frühstück in das Haus in zentraler Innenstadtlage. „Hier treffe ich interessante, nette Leute“, hebt der frühere Gärtnermeister hervor. Seit einer Hüft-OP und Nierenproblemen ist er auf Hartz IV angewiesen und muss sparsam leben. „Früher bin ich auch zum Mittagessen gekommen, aber jetzt koche ich zuhause für mich. Da bin ich unabhängiger und kann dabei Fernsehen schauen.“

Die Kunden der Tafel sind heute zwischen 26 und 70 Jahre alt. Es sind junge Mütter, alleinerziehende Familien, Arbeitslose, Rentner und Flüchtlinge. Die Tafel beschäftigt sechs feste und zwölf ehrenamtliche Mitarbeiter sowie sieben weitere Helfer, die die Jobagentur vermittelte. Jährlich sammelt die Wittener Tafel rund 250 Tonnen Lebensmittel ein. Sie stützt sich auf 29 regelmäßige Sponsoren, darunter alle Supermärkte im Stadtgebiet.

Aktuell braucht die Wittener Tafel einen neuen Kühltransporter, um die Lebensmittel abzuholen. Dafür ist die Einrichtung auf Spenden angewiesen.

>>> INFO-BOX ZUR WITTENER TAFEL

Die Lebenslagen benachteiligter Personen verbessern“ – so steht es in der Satzung der Tafel, die am 13. November 1996 in Witten anfing. Mit Lebensmitteln, die in den Betriebskantinen der Stadt übrig bleiben, wurde den Bedürftigen der Tisch gedeckt.

Von der Diakonie an der Humboldtstr. 11 zog die Tafel 1997 an die Johannisstr. 48 um. 1999 wechselte sie zur Röhrchenstr. 10. Im April 2000 eröffnet sie an der Sprockhöveler Straße 131. Am 9. Juli 2002 zog sie in die Herbeder Straße 22. Dort konnten endlich Küche, Büro und Lädchen zusammengelegt werden.

Geöffnet ist der Tafelladen werktags von 9 bis 13 Uhr. Es wird um Spenden für ein Kühlfahrzeug gebeten, Stichwort „Kühlwagen“, Sparkasse Witten, IBAN:
DE68 4525 0035 0000 0189 11.