Witten. . Im Haus an der Kesselstraße betreut die Ev. Stiftung Volmarstein bald Menschen mit Behinderungen oder mit Demenz. Und es gibt auch andere Mieter.
- Ev. Stiftung Volmarstein betreibt inklusives Wohnprojekt an der Kesselstraße
- Es bietet WGs für Menschen mit Behinderungen und Demenz sowie Mietwohnungen
- Die ersten Mieter sind eingezogen, am 23. November folgt die erste WG
Das froschgrüne Haus an der Kesselstraße 23 ist schon von außen ein Hingucker. Doch auch ein Blick ins Innere lohnt. Denn hier verwirklicht die Evangelische Stiftung Volmarstein ein besonderes Wohnprojekt: In dem fünfstöckigen Gebäudekomplex sind zwei Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen, eine Demenz-WG sowie 14 barrierefreie Wohnungen untergebracht. Die ersten Mieter sind schon eingezogen, am 23. November folgen die beiden Behinderten-WGs. „Das ist gelebte Inklusion und zudem noch generationenübergreifend“, sagt Mitarbeiterin Constanze Schönenberg.
Die 38-Jährige koordiniert die Wohngemeinschaften für behinderte Menschen. 16 Appartements gibt es insgesamt. Alle sind belegt. 13 der zukünftigen Bewohner zwischen 26 und 64 Jahren haben vorher in einem Trainingshaus der Stiftung geübt, wie es ist, nur mit ambulanter Hilfe zu leben. Sie kommen aus Duisburg oder Kamen und wollen nun endlich in Witten ein großes Stück Selbstständigkeit genießen.
Ev. Stiftung Volmarstein betreibt in Witten schon Haus Buschey und die Wohnanlage Preinsholz
Im September 2015 wurde der Grundstein fürs Wohnprojekt an der Kesselstraße 23 gelegt, im Juni 2016 Richtfest gefeiert. Investor des vier Millionen teuren Komplexes ist der Wittener Unternehmer Stefan Drückler. Die Vermietung der Wohnungen und die Betreuung der WG-Bewohner übernimmt die Evangelische Stiftung Volmarstein.
Die Stiftung engagiert sich in der Behinderten-, Kranken- und Seniorenhilfe. In Witten betreibt sie bisher Haus Bu-schey (Bommern) und die Anlage Preinsholz (Annen).
Wer sich für einen Platz in der neuen Demenz-WG an der Kesselstraße interessiert, kann sich an Inga Becker wenden, 0152/39538404, Email: beckeri@esv.de.
„Es sind Menschen dabei, die schon 30 Jahre lang im stationären Bereich gelebt haben, teils von Kindesbeinen an“, sagt Constanze Schönenberg. Im Trainingshaus – auch das ein besonderes, aber einmaliges Projekt der Stiftung Volmarstein – haben sie erstmals eigene Entscheidungen getroffen. Haben gemerkt, „dass die Schnittchen abends nicht von allein vorbeigeflogen kommen“, wie Schönenberg es formuliert. Sie sind einkaufen gegangen und Bus gefahren, haben Wäsche gewaschen oder Essen zubereitet. „Und jeder durfte mal auf die Nase fallen.“ Sie haben aber auch gelernt, Hilfe einzufordern, statt alles von den Augen abgelesen oder einfach übergestülpt zu bekommen.
Bis 2022 wolle die Stiftung Volmarstein sämtliche ihrer Angebote „ambulantisieren“ und damit den Forderungen der Kostenträger entsprechen. Das Projekt Kesselstraße, so Schönenberg, habe quasi Modellcharakter, weil es viele Wohnformen unter einem Dach vereint. Und zudem noch wunderbar stadtnah liege. Nicht zuletzt sei die Nachbarschaft „offen und tolerant“.
Kollegin Inga Becker (47) ist für die Demenz-WG zuständig. Acht Plätze sind vorgesehen, drei schon fest belegt „und ein paar Interessenten noch in der Entscheidungsphase“. Auch hier wird es, wie in den beiden anderen Wohngemeinschaften, rund um die Uhr Ansprechpartner vor Ort geben. Der ambulante Pflegedienst sei von den Angehörigen jeweils frei wählbar, doch Erfahrungen in Gevelsberg hätten gezeigt, dass ein gemeinsamer Dienst besser für die Tagesstruktur sei. Insgesamt betreibt die Stiftung mit der neuen WG in Witten dann fünf Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz. „Die Nachfrage ist groß“, so Becker, „deshalb erweitern wir uns jetzt“.
Mit kleinem geschützten Garten
Dass es trotzdem keine Warteliste gibt, liege daran, dass Demenz immer noch „Tabu-Thema“ sei, vermutet Constanze Schönenberg. Vor allem Angehörige hätten oft Angst, damit nach außen zu gehen. Doch wenn Demenzkranke in den eigenen vier Wänden nicht mehr zurechtkämen, böte die WG eine passende Lösung. Die Bewohner können ihr Zimmer selbst mit vertrauten Möbeln ausstatten. Es gibt einen festen Mitarbeiter-Pool und nicht ständig neue Gesichter. Ein kleiner Garten gehört ebenfalls dazu.
Auch die 14 barrierearmen Wohnungen in den beiden oberen Stockwerken, für die man einen Wohnberechtigungsschein benötigt, sind bereits komplett vermietet. „An Bürger“, sagt Constanze Schönenberg, „die sich auf unser Konzept eingelassen haben“.