Witten. . Von hintersinnig bis zotig: Jürgen von der LIppe serviert Humor in allen Facetten. Das Pulikum im ausverkauften Wittener Saalbau war davon amüsiert.

Kennen Sie noch „Geld oder Liebe?“ Diese flotte Fernseh-Spielshow mit Singles, denen man das künftige Pärchen-Dasein quasi androhte? Naja, so etwas in der Art brachte das Humoristen-Urgestein Jürgen von der Lippe jetzt bereits zum zweiten Mal in seinem nun schon ein wenig gealterten Soloprogramm „Wie soll ich sagen?“ auf die Saalbau-Bühne. Und dazu einen Abriss über das aktuelle Wesen der deutschen Sprache - und was daraus geworden ist.

Zu Beginn ertönt ein Urschrei aus dem Off - doch statt an einer Liane vors Publikum zu schwingen, tritt der inzwischen 68-jährige Jürgen von der Lippe vor die ausverkauften Ränge von Wittens guter Theater-Stube. Nein, von Tarzan hat „der alte, dicke Mann“, als solchen nimmt er sich immer noch gern auf die Schüppe, nicht wirklich was.

„Früher bin ich zu Karneval oft als Tarzan gegangen“, versichert der Ostwestfale – irgendwie findet man seinen Anblick im kultigen Hawaii-Hemd dann doch ein wenig realer. Über die einsilbige Kommunikation des Urwald-Helden haben sich die sprachlichen Qualitäten des Menschen bis heute doch enorm gesteigert. Gut, Fußball-Weltmeister Lukas Podolski war womöglich doch gut beraten, einen Rhetorik-Coach zu bemühen, mutmaßt der Entertainer. Als „ehemaliger Deutschlehrer“ nutzt von der Lippe die Gelegenheit, um ein wenig zu dozieren und bisweilen kryptische Fremdwörter durch den Raum zu werfen. Als er zur Gitarre greift, spielt er ein Lied mit „kontraintuitivem Verlauf“ („schreiben Sie sich das ruhig auf, es kommen noch mehr solcher Wörter“), lässt als versierter Musiker nacheinander Peter Maffay, Howard Carpendale oder Udo Lindenberg aufleben.

Jürgen von der Lippe hat einen Brief an sein Essen verfasst

In beiden „Halbzeiten“ seines rund zweieinhalbstündigen Programms lädt er sich Zuschauer auf die Bühne, die zunächst ein witziges Wortspiel mitmachen und später zu von der Lippes Saxophon-Künsten musikalische Oldies erraten müssen. Das Publikum hat seinen Spaß daran, rät und singt eifrig mit, wenn es peppig um „Rote Rosen soll man küssen“ und „An der Nordseeküste“ geht. Gut für die Kandidaten: Zur Belohnung gibt’s Sekt - und viel zu erzählen im Bekanntenkreis.

Dass der alte Bühnen-Hase von der Lippe bei seinen Geschichten - des Öfteren über sich selbst bzw. aus seinem nahe Umfeld - gerne mal in den zotigen Sektor abdriftet, seine Anhängerschaft nimmt es ihm nicht krumm. Und selbst einige bestens bekannte Gags finden immer noch den einen oder anderen satten Lacher. Weil der 68-jährige gelernte Pädagoge es nun mal so gut versteht, seine Sprache so wohldosiert, gut verpackt und filigran unters Volk zu bringen.

„Die Sprache“, sinniert von der Lippe durchaus ernsthaft, „verliert immer mehr an Zutrauen.“ Und er bricht eine Lanze für das geschriebene Wort: „Der Brief darf nicht sterben.“ Immerhin habe er jüngst selbst wieder im Anflug eines Diät-Versuchs einen verfasst – an sein Essen. Der endet wie folgt: „Ich vermisse dich.“