Witten. . Das Maschinchen Buntes feiert bald ein Jubiläum: Zum 100. Mal findet das Rock- und Pop-Chor-Singen statt. Die Hausband verrät das Geheimnis des Erfolgs.
„Toi, Toi, Toi! Das Chorsingen ist die größte Veranstaltung, die hier regelmäßig abgeht. Eine absolut zuverlässige Sache.“ Helmut Brasse klopft auf einen der Tische vor der kleinen Bühne im Maschinchen Buntes.
Chorsingen? Das geht so: Gitarrist Brasse und seine langjährigen Kumpels Thomas Lienenbröker (Drums) und Gerald Caspers (Bass) spielen Evergreens – und das Publikum singt mit. Die Texte werden vorgegeben und mitgesungen wird nicht nur der Refrain, sondern das ganze Lied. Seit dem Sommer 2011 macht das Chorsingen in der sympathischen Kulturkneipe an der Ardeystraße Furore. „Die Leute kommen teils aus Duisburg und dem Sauerland“, erzählt Brasse. Mittlerweile sind es im Schnitt 65 Gäste zwischen 45 und 65 Jahren, mit leicht höherem Frauenanteil.
Den Anstoß gab eine Besucherin
Dabei war sich Brasse am Anfang gar nicht sicher, ob die Idee, wildfremde Leute zu einem Hobbychor zu formen, wirklich Erfolg verspricht. Den Anstoß hatte eine Besucherin gegeben, die ein Konzert der Hausband, wie sich die Drei nennen, gesehen hatte. Die hatte Coverversionen von Hits der 1960er- und 70er-Jahre gespielt, wie eine ganz normale Kneipenband. „Ihr müsst was zum Mitsingen machen“, hatte die Frau damals gesagt. Per Newsletter, Flyer und Mund-zu-Mund-Propaganda hatte sich die Idee schnell herumgesprochen. „Wir wurden schon beim ersten Mal regelrecht überrannt“, sagt Brasse.
Heute lockt „Folk am Montag“ ins Maschinchen
Nicht verwechseln: Chorsingen und Rudelsingen sind bestenfalls Verwandte. Beim in letzter Zeit populären Rudelsingen kommt die Musik teils vom Band, und jedes Lied ist mit größtmöglicher Sicherheit bekannt und einfach mitzusingen. Beim Chorsingen, wie es im Maschinchen Buntes stattfindet, werden die Lieder vorher eingeübt. Das Chorsingen findet an jedem zweiten Mittwoch und letzten Montag im Monat statt.
Auch heute ist wieder was los im Maschinchen Buntes an der Ardeystraße 62: „Folk am Montag“ startet um 20 Uhr. Der Folkklub präsentiert Emily und Guntmar Feuerstein, die zeigen, wie es klingt, wenn eine Familie leidenschaftlich Musik macht. Unter dem Motto „Lieblingslieder“ haben die Feuersteins altbekanntes Liedgut gesammelt, dass sie u.a. mit Mandoline und Banjo spielen. Der Eintritt kostet einen Euro.
Das Mitmachen kostet nichts, am Ende des Abends geht ein Hut rum und eigentlich jeder lege einen kleinen Schein hinein. Gesungen werden Lieder, die viele kennen: „Whatever you want“ von Status Quo oder „Mighty Quinn“ von Manfred Mann. Als der Musiker Prince starb, kam spontan sein „Purple Rain“ in das Programm. David Bowies „Heroes“ wurde schon gesungen, als er noch lebte. Die Songs, die gesungen werden, wechseln regelmäßig. Viel proben muss das Trio nicht. „Einmal reicht“, sagt Lienenbröker, „wir kennen uns seit Ewigkeiten. Und das Repertoire geht uns auch nicht aus“. Das Trio besitzt riesige Plattensammlungen.
An jedem Chor-Abend werden fünf Lieder gesungen. Jedes wird etwa zehn Minuten lang eingeübt. Brasse fungiert als Chorleiter, verteilt Parts und Harmonien. Dann wird das Lied gesungen. Zum Schluss gibt’s ein Konzert mit allen fünf Liedern hintereinander.
Das könne auch mal „grottig“ klingen, doch meistens klappe das Ganze ziemlich gut. Auf jeden Fall sei jede Menge Spaß dabei. Wichtig ist Brasse, dass die Songs nicht ins Lächerliche gezogen werden: „Die Würde muss bewahrt werden.“
Der Chor ist natürlich kein festes Ensemble. Die Gäste wechseln, obwohl einige durchaus regelmäßig kommen. Und: Chorsingen sei überhaupt nicht altmodisch. Brasse weiß um das Comeback des gemeinsamen Singens. Er sagt: „Chor macht glücklich, das gemeinsame Singen hat heilende Wirkung. Das hat die Wissenschaft bewiesen.“