Eine Alkoholiker- und Drogenszene gab es schon seit vielen Jahren an der Johanniskirche. Heute aber sei dort ein ganz anderes Klientel unterwegs, sagt Pfarrerin Julia Holtz. „Jugendliche, die aggressiv sind. Leute, die zum Chorsingen kommen, haben Angst. Mädchen, die unsere Jugendarbeit besuchen möchten, erleben unangenehme Situationen.“ Immer nur die Polizei zu rufen, ändere die Situation nicht, betont die 54-Jährige. Sie möchte jetzt gemeinsam mit der Stadt und der Polizei nach Lösungen suchen.
Julia Holtz und Küsterin Blazenka Weber-Lorenz glauben, dass die Kneipen im Johannisviertel mit ihren langen Öffnungszeiten ebenso wie die Kioske, die zum Teil bis weit in die Nacht hinein auch Alkohol verkaufen, ein Teil des Problems sind. „Bei den Kneipen stehen die Gäste bis vier, fünf Uhr nachts draußen, rauchen, lachen, singen.“ Und manchmal komme es dann eben auch zu Prügeleien mit Jugendlichen, die sich an der Kirche aufhielten.
Leute, die gestrandet sind
„Wir leben mit Bedrohung und Lärm und fürchten, dass diese Situation noch weiter kippen könnte“, erklärt die Küsterin. Mit Pfarrerin Holtz ist sie sich einig, dass es nicht nur darum gehen kann, die Szene vom Kirchplatz zu vertreiben. Diese treffe sich dann eben an einer anderen Stelle in der Stadt. „Wir haben auch eine soziale Verantwortung. Das sind sicherlich auch Leute, die gestrandet sind. Die ruinieren sich ihr Leben. Ein Sozialarbeiter, ein Streetworker wäre ideal, der mit den Jugendlichen auch pädagogisch arbeitet“, findet Holtz. Weber-Lorenz ergänzt: „Für die Leute wäre eine sinnvolle Beschäftigung wichtig, ebenso ein Jugendtreff für den Nachmittag.“ Die Szene sei für die evangelische Kirchengemeinde „eine Nummer zu groß“. Holtz: „Da müssen professionelle Kräfte ran.“
Auch Wittens Polizeichef Reinhard Glowka wird heute Nachmittag im Rathaus am Gespräch mit Bürgermeisterin Sonja Leidemann teilnehmen. „Ja, im Johannisviertel sind wir häufig unterwegs, zumeist, weil wir wegen Ruhestörungen gerufen werden, aber auch bei Körperverletzungen.“ Ihm, so betont der 58-Jährige, der selbst seit seiner Kindheit in der Stadt zuhause ist, machten auch die Jugendlichen Sorgen, die sich freitags- und samstagsabends auf dem Rathausvorplatz versammelten „und dort rumschreien und herumpöbeln“. Glowka: „Wir als Polizei werden das tun, was wir tun können, um hier Abhilfe zu schaffen.“