Witten. . Unter hohen Bäumen liegen die markanten Siedlungshäuser Witten-Ost. Rund um Vinzenz-Kirche und Rüdinghauser Straße herrscht tolle Nachbarschaft.

Wie eine grüne Lunge präsentiert sich dem Besucher die Siedlung „Witten-Ost“ - rund um die Vinzenz-Kirche und dem viel älteren Pestalozzi-Platz. Das Wohnquartier an der Rüdinghauser Straße und In der Mark befindet sich zwischen Annen- und Ardeystraße.

Es ist eine „kleinteilige“ Siedlung. Typisch und markant sind die stattlichen Bäume an den Straßenrändern – Akazien, Linden und Platanen. Ein Ort zum Wohlfühlen und Entspannen, wie uns die Anwohner bei einem Spaziergang immer wieder versicherten.

Was man von der Straße aus nur auf den zweiten Blick erahnt, das sind die schönen großen Gärten, die hinter den Wohngebäuden liegen. Die Nachbarschaft im Wohnviertel ist gewachsen, beinahe familiär. Es gibt langjährige Mieter und Neuankömmlinge. Wer die „Regeln“ der Gemeinschaft akzeptiert, ist ganz schnell integriert.

Diese Erfahrung hat die 18-jährige Diana Specht gemacht. Die junge Georgierin lebt erst seit zehn Monaten hier. Sie geht zum Berufskolleg und lernt Friseurin. Diana ist stolz, schon viele Freundinnen gefunden zu haben. Nicht nur in der Schule, sondern auch in der Nachbarschaft – am alten Kirmesplatz. „Meine Freundinnen helfen mir bei der deutschen Sprache“, lacht sie und schlendert weiter.

Hat schon viele Freundinnen gefunden: Diana Specht lebt erst seit zehn Monaten nahe dem alten Kirmesplatz.
Hat schon viele Freundinnen gefunden: Diana Specht lebt erst seit zehn Monaten nahe dem alten Kirmesplatz. © Barbara Zabka / Funke Foto Services

Seit mehr als 40 Jahren lebt Gisela Schulte (79) an der Rüdinghauser Straße. „Hier mitten im Grünen. Das ist meine Heimat“, schwärmt sie. Die Nachbarschaft ist mit den Bäumen am Straßenrand gewachsen. Und sie ist, wie die Bäume, groß und stark. „Natürlich machen die Bäume viel Arbeit“, so Schulte. „Aber irgendwie schweißt uns das Laubfegen auch zusammen. Man hat immer ein aktuelles Thema zum Quatschen – über Gott und die Welt.“

Im Herbst fallen täglich rund zehn Eimer Laub an. Einmal wöchentlich fegt die Genossenschaft die Bürgersteige. „Aber das reicht uns nicht“, schmunzelt Gisela Schulte. „Wir Alteingesessenen sind da etwas pingelig. Junge Leute nehmen es nicht so sehr genau. Das ist nicht schlimm. Es ist halt so.“

Aus dem Herzen der Innenstadt ist Doris Bartsch (72) vor sieben Jahren ins Quartier gezogen. „Wir sind hier gut aufgenommen worden. Man trifft sich im Garten. Auf dem Weg zum Briefkasten. Oder an der Mülltonne“, erzählt sie. „Von der Atmosphäre her ist es hier irgendwie dörflich. Jeder kennt jeden. Zumindest vom Sehen. Aber da ich ein Stadtmensch bin, liebe ich immer noch das bunte Treiben in der City mehr als die Ruhe in meinem Garten.“ Natürlich liebt Doris Bartsch auch den Nachbarschaftstratsch. Den gegenüberliegenden Pestalozzi-Platz empfindet sie als eine Bereicherung des Wohnviertels und das Gebimmel der Kirchenglocken stört sie schon lange nicht mehr.

Große Bäume haben auch Nachteile: Jede Woche muss Auto in die Waschanlage

Andreas Wurmer (51) besucht oft seine Freundin Heike. „Wir beide finden, dass es eine tolle Wohngegend ist. Zentral, ruhig und grün. Ideal für unseren Hund John-Boy.“ Die stattlichen Allee-Bäume möchte Wurmer auf keinen Fall missen, auch wenn er drei große Nachteile sieht.

„Die Wohnungen sind sehr dunkel, das Laubfegen macht viel Arbeit und die Autos sind das ganze Jahr über total versottet. Blütenstaub, Nektar, Harz und jede Menge Blattwerk. Eigentlich kann man jede Woche zur Waschanlage fahren.“ Die Nachbarschaft findet er in Ordnung. „Es gibt immer solche und solche. Uns reicht es, wenn man vernünftig miteinander umgeht“, meint er schulterzuckend. Seine Devise als gebürtiger Bayer lautet: „Leben und leben lassen.“

Tratsch gehört für Dieter Jahn (60) zum Wohnen und zur Nachbarschaft dazu. „Aber in unserer Siedlung hilft man sich. Einer kann sich auf den anderen verlassen. Wir sind erst vor zwei Jahren hier hergezogen. Und gut aufgenommen worden“, erzählt der ehemalige VfL-Kicker. „Das liegt vielleicht auch daran, dass man im Garten schnell ins Gespräch kommt. So ein Garten schlägt halt Brücken.“

Eines bereitet ihm allerdings Kopfzerbrechen. „Die Wurzeln unserer schönen Bäume machen immer wieder die Bürgersteige kaputt. Und hier sind viele Anwohner mit einem Rollator unterwegs. Hoffentlich stolpert nicht mal jemand von den älteren Nachbarn in der dunklen Jahreszeit.“