Witten. . Forderungen der Behindertenkonvention werden nach und nach umgesetzt. Bis 2022, wie gewünscht, ist das nicht zu schaffen, sagt Wittens Verkehrsplaner.
- Drei Viertel der Haltestellen für Bus und Bahn weisen noch Barrieren auf
- Sie werden aber nach und nach ausgebaut
- Bis 2022 – wie gefordert – ist das jedoch nicht zu schaffen
Es gibt Bus- und Bahnhaltestellen mit und ohne Häuschen, mit und ohne Leitstreifen für Sehbehinderte, mit und ohne abgesenktem Bürgersteig, mit und ohne Beleuchtung. Vor manchen sorgt ein Radweg für Gefahrenpotenzial. Manche stehen am Rand von Landstraßen quasi auf der grünen Wiese oder an abschüssigem Gelände. Die UN-Behindertenrechtskonvention sieht vor, die Haltestellen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bis zum 1. Januar 2022 vollständig barrierefrei auszubauen. 165 Haltestellen gibt es in der Ruhrstadt. Rund drei Viertel erfüllen noch nicht die zukünftigen Anforderungen. „Trotzdem steigt schon knapp die Hälfte der Fahrgäste an gut ausgebauten Stellen aus“, sagt Wittens Verkehrsplaner Andreas Müller.
Eine aktuelle Erhebung der Kreisverwaltung in Zusammenhang mit der Fortschreibung des ÖPNV-Plans, die im letzten Ausschuss für Soziales, Wohnen, Integration und Demografie vorgestellt wurde, liefert den Städten im EN-Kreis die nötigen Kriterien. Entscheidend seien demnach vor allem die Fahrgastzahlen und die Nähe zu Behinderten- oder Senioreneinrichtungen. „Damit werden wir auch arbeiten“, sagt Müller. Allerdings habe die Ruhrstadt seit 1994 ihr eigenes Haltestellenkataster, gemäß dem sie nach und nach ausbaut – seit zehn Jahren entsprechend barrierefrei.
Nicht überall ein Häuschen nötig
Manches Mal kämen da andere Daten sowie bauliche Besonderheiten zum Tragen. So richte man sich in Witten bei der Prioritätenliste nicht, wie vom Kreis vorgeschlagen, nach Haltestellen, an denen pro Tag mindestens 200 Bürger einsteigen. In Witten seien 500 Einsteiger ausschlaggebend.
Natürlich, weiß Müller, erreiche man solche Zahlen etwa in Buchholz, Durchholz oder Rüdinghausen nicht. „Trotzdem werden wir dort eine barrierefreie Haltestelle vorhalten.“ Am Tag der Zählung sei auch an der Haltstelle „Röllenbecke“, irgendwo zwischen Durchholz und Sprockhövel gelegen, kein einziger Fahrgast ein- oder ausgestiegen. Sie falle also in die letzte Kategorie. Trotzdem könnte es dort einen Ausbau geben, wenn etwa ein Anwohner mit Handicap nachweislich auf den Bus angewiesen sei. Und wenn ein Haltepunkt nicht unbedingt erste Priorität habe, werde er automatisch mit ausgebaut, wenn der Straßenabschnitt grundsätzlich erneuert werde. Als Beispiel nennt Müller den Halt „Stockumer Bahnhof“.
Optimal ausgebaut: der ZOB
Ein Beispiel für einen optimalen barrierefreien Ausbau – außer dem ZOB – ist die Haltestelle am Saalbau auf der Seite des Amtsgerichts. Wer sich nun wundert, dass das Pendant gegenüber nicht über ein Leitstreifensystem auf dem Gehweg verfügt, dem erklärt Müller: „Wir werden erst überlegen, wie wir die Bergerstraße ausbauen.“ Geplant sei dort nämlich auch ein Halt für Reisebusse. Übrigens sei nicht an jeder Haltestelle ein Häuschen notwendig. Müller: „Es gibt reine Einstiegs- und Ausstiegshaltestellen.“ Letztere erfordere natürlich keine Unterstellmöglichkeit.
Dass die Forderungen umgesetzt werden können, dafür sei laut Müller gesorgt: „In jedem Haushaltsplan sind 100 000 Euro für neue Haltestellen vorgesehen. Die sind uns eigentlich sicher.“ Dennoch halte er einen kompletten barrierefreien Ausbau bis 2022 für „ausgeschlossen“.