Witten. . Rolf Nehm junior hat den Imbisswagen auf dem Wochenmarkt abgegeben. Er fängt bei einer großen Gewürzfirma an. Er will mehr Zeit für die Familie haben.
Es gibt wohl kaum einen Wittener, der nicht irgendwann in seinem Leben in eine knackige Bratwurst der Nehms gebissen oder sich eines ihrer saftigen Nackensteaks reingepfiffen hat.
Doch jetzt endet eine Ära: Fleischermeister Rolf Nehm junior sucht kurz vor seinem 50. Geburtstag eine neue Herausforderung. Vorbei die Zeit, als er mit seinem Imbisswagen zum festen Bestand der Wochenmärkte gehörte.
Bereits 1928 hatte Otto Nehm den Wittener Metzgerbetrieb gegründet. Jahrzehnte hat Rolf Nehm senior (75) den Laden in der Hauptstraße 21 umsichtig geführt. Auch die Imbissstände der Familie auf Wochen- oder Weihnachtsmärkten waren stets umlagert. „Den Hänger, der beim Markt auf dem Rathausplatz immer vor der Buchhandlung Lehmkul stand, habe ich am Samstag verkauft“, erinnert sich der 48-Jährige nicht ohne eine gewisse Wehmut. Denn: „Samstagvormittag habe ich damit noch hier den Imbissverkauf gemacht. Nachmittags stand er dann schon als Imbisswagen im Westfalenpark, weil ein Dortmunder ihn erworben hat. Irgendwie ein komisches Gefühl.“
Nun fängt der Wittener bei einer großen Gewürzfirma in Saarbrücken an. Nach einer Einarbeitungszeit dort wird er aber bald von hier aus arbeiten können. Denn er ist Vertriebler für die Region Ruhrgebiet und Niederrhein. „Dann läuft alles geregelter als bisher. Man hat eine bestimmte Anzahl von Arbeits- und Urlaubstagen. Ich kann mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann ich mal zwei Wochen am Stück Urlaub gemacht habe“, sagt Rolf Nehm, der 23 Jahre selbstständig war und seit 20 Jahren auf dem Markt stand.
Auch seine Ehefrau Katja begrüßt die aktuelle Entscheidung: „Ich freue mich auf mehr Struktur in der Woche und ein geregelteres Alltagsleben. Jetzt kann Rolf auch mehr mit unserer viereinhalbjährigen Tochter Julia unternehmen“, meint die 44-Jährige. Augenzwinkernd ergänzt sie: „Auf der anderen Seite fehlen mir unsere Currywurst und Pommes jetzt schon. Aber ich freue mich auch darauf, nun zu Hause zu grillen“, meint die Bommeranerin mit einem Schmunzeln.
Ihr Gatte erzählt: „Ich gehörte zu den Initiatoren, die um das Jahr 2001 dafür gesorgt haben, dass der Wochenmarkt vom Platz an der Gedächtniskirche hier auf den Rathausplatz umgezogen ist.“ Denn dieser Ort sei attraktiver, weil mehr Publikum vorbeikomme. „Unser Stand hier war lukrativ. Ich habe ihn also nicht aus Geldgründen aufgegeben“, betont der 48-Jährige. Die Suche nach einem Nachfolger sei nicht einfach gewesen: „So eine Bratwurst grillen kann jeder. Aber hausgemachte Eintöpfe und selbstgemachte Soße, für die wir bekannt waren, sind schon schwieriger.“
Inzwischen sind Nachfolger gefunden: Ab 1. September deckt die „Dortmunder Gulaschkanone“ mit dem Stand vor Lehmkul an allen Wochenmarkttagen den Eintopfbereich ab. Außerdem wird Andreas Mende ab Dienstag regelmäßig mit dem Imbissbike anrauschen. Im Winter kommt er dann mit festem Hänger zum Markt. Denn wer will schon mit kalten Füßen heiße Würstchen grillen?