Gerade bei dem schönen Wetter wird überall gequalmt, auf der Straße, im Café, selbst am Sandkasten. Gibt’s da nicht Streit mit Nichtrauchern?
- In Witten wird sehr viel draußen geraucht, gerade jetzt im Sommer
- Kaum Beschwerden von Nichtrauchern in der Außengastronomie
- Ein Rauchverbot ist hier kein Thema
Witten, die Stadt der Draußenraucher. Das fiel schon vor dem absoluten Kneipenrauchverbot auf, das im Mai 2013 in Kraft trat. Doch selten wird auf der Straße so viel gequalmt wie jetzt an den warmen Tagen. Konflikte scheinen vorprogrammiert, wenn sich der Nebenmann im Eiscafé oder auf der Restaurantterrasse eine ansteckt.
Bleiben wir in der Innenstadt. Uns begegnen allein zwischen unterer Bahnhofstraße und Stadtgalerie, gefühlt um die 500 Meter, vier oder fünf Raucher. Pardon, Raucherinnen. Tatsächlich fällt es auf, wie viele Frauen dem blauen Dunst verfallen sind. Der Eingang zur Stadtgalerie hat sich längst zum Rauchertreff entwickelt.
Eingang zur Stadtgalerie beliebter Rauchertreff
„Wenn man reingeht, weiß man ja, dass man lange nicht rauchen kann. Da gönnt man sich vorher noch eine“, sagt Natascha (25). Der silberne Stehaschenbecher ist voller Kippen. Ob Kunde oder Personal, hier trifft sich, wer eine dampfen will. Wer nicht qualmt, geht einfach weiter. Rauchen und rauchen lassen. Die Situation hat sich seit der Verbotsdebatte von 2014 deutlich entspannt, auch in Witten.
Und man kann ja Rücksicht nehmen, sagt Tracy (22), die genauso wie Natascha täglich eine Schachtel verbraucht. „Wenn mich jemand nett und nicht so pampig fragt, ob ich die Zigarette woanders hinhalten kann, ist das kein Problem.“ Auch in den Lokalen mit Außengastronomie scheinen sich die Gäste zu vertragen – obwohl „superviel geraucht wird, ich habe das Gefühl an jedem dritten Tisch“, wie Extrablatt-Kellnerin Britta (29) festgestellt hat. Wenn sich jemand überhaupt einmal beschwere, dann vielleicht Gäste, die drinnen sitzen und durch die geöffnete Fassade Rauch von außen mitbekommen. Ihnen wird geholfen: Sie wechseln einfach den Tisch.
„In der Wohnung würde mich das stören“
Belästigt fühlen könnte sich zum Beispiel Marie-Luise (68), die sich draußen gerade einen „ganz leckeren Salat mit Früchten und Hähnchenstreifen“ schmecken lässt. An ihrem Nebentisch sitzen drei eingefleischte Raucher, in der Hand eine brennende Fluppe. vor sich auf dem Tisch die Päckchen mit den Horrorbildern von Kehlkopfkrebs oder Kindern am Sterbebett ihres Vaters. „In der Wohnung würde mich das Rauchen stören, hier draußen aber nicht“, sagt Marie-Luise. Sonst hätte sie sich ja gar nicht hier hingesetzt.
Ein Verbot, unter den Sonnenschirmen zu qualmen, wäre für alle undenkbar, selbst wenn man Nichtraucher fragt. „Irgendwo müssen sie ja rauchen“, sagt ein Mann, der sich gerade eine Pizza auf dem Rathausplatz schmecken lässt. „Ich denke, dass das Draußenrauchen mittlerweile auch von den Nichtrauchern akzeptiert wird“, sagt Anna (32), eine der Raucherinnen im Extrablatt.
Verbot, draußen zu Rauchen, wäre eine „Frechheit“
Würde man jetzt auch noch verbieten, empfände er das als „absolute Frechheit“, sagt Jörg (44), bekennender Nichtraucher, dessen Frau Nicole aber raucht. Wer sich draußen von Rauchern gestört fühle, könne ja reingehen, meint Jörg. Das hört auch Justina (im Winter) öfter von ihren rauchenden Gästen im Casa Cuba, wenn die sich darüber aufregen, dick vermummt vor die Tür zu müssen. Ihnen bleibt dann nur die Hoffnung auf den Sommer. Ortswechsel.
Im Hauptbahnhof herrscht zwar Rauchverbot. Gequalmt wird trotzdem, zumindest oben auf den Bahnsteigen. Davon zeugen die viele Kippen auf dem Boden. Aschenbecher gibt es ja nicht. Anders als vor der Halle, wo Raucher eine markierte Zone haben.
Geraucht wird überall, ob am Bahnhof, auf dem Berliner Platz, selbst im Breddegarten, während die Kinder im Sand spielen. Witten, die Stadt der Draußenraucher.
Info: Kaum Verstöße gegen Anti-Raucher-Gesetz
Das Rauchen in Kneipen wurde im Mai 2013 in NRW komplett verboten. Bis dahin galt seit 2008 eine Zwischenlösung mit extra eingerichteten Raucherräumen und Raucherclubs. Die Stadt verzeichnet kaum Verstöße gegen das Verbot, drinnen zu rauchen. Vereinzelt gibt es spätabends Beschwerden von Anwohnern: Dann geht es zum Beispiel um den Lärm vor der Kneipe.