Witten. . Acht Tiere wurden allein in der letzten Woche aufgegriffen und an der Wetterstraße abgegeben.Verstärkt sind auch kleine Vierbeiner betroffen.

Die Zwinger sind voll: So viele Hunde wie selten zuvor müssen derzeit im Tierheim Witten beherbergt werden. Das Problem: Die Zahl der sogenannten Fundhunde steigt kontinuierlich an. Allein in der letzten Woche wurden acht Tiere aufgegriffen. Die Besitzer? Häufig Fehlanzeige, so Tierheimleiterin Kirsten Simon: „Nach vielen Hunden erkundigt sich hier niemand.“

Insgesamt 194 Tiere leben derzeit im Heim an der Wetterstraße: Katzen und Kaninchen, Vögel und Meerschweinchen, Ponys und Ziegen, Schildkröten und die Hunde, 39 sind es derzeit. Dass die Zahl so hoch ist, liegt auch an den Ferien: Das Tierheim bietet auch Pensions-Service, ein Teil der Gäste wird also bald wieder abgeholt.

Von lästigem Mitbewohner befreit

Dass die Zahl der Hunde ebenfalls so hoch ist, das hat allerdings nichts mit dem Sommer zu tun: „Den klassischen Fall, dass ein Hund an der Autobahn etwa angebunden wird, den hatten wir schon länger nicht mehr“, erklärt die 39-Jährige. Stattdessen würden vermehrt Fundhunde abgegeben – das ganze Jahr über. „Das ist seit zwei Jahren immer mehr geworden.“

In der letzten Woche kamen allein an einem Tag drei Hunde dazu. „Wenn sich niemand erkundigt, dann ist das auch nicht der typische entlaufene Hund“, so die Expertin. Stattdessen hat sich vermutlich jemand auf einfach Weise von einem lästigen Mitbewohner befreit.

Auch diese Wellensittiche wurden einfach ausgesetzt – mitsamt dem Käfig.
Auch diese Wellensittiche wurden einfach ausgesetzt – mitsamt dem Käfig. © Funke Foto Services

Auch die kleinen niedlichen Exemplare sind davor nicht gefeit: „Das ist ein Phänomen, dass immer mehr kleine Hunde ausgesetzt werden – Chihuahuas, Shih Tzus...“, so Simon. Ihr Erklärungsversuch: Die Menschen unterschätzten offenbar, dass auch so ein kleines Tier ein vollwertiger Hund sei – mit allen Ansprüchen und Bedürfnissen. „Die denken, ach, der Kleine geht schon aufs Katzenklo.“ Tut er aber meist nicht: „Und entsprechend sind die kleinen Hunde, die hier reinkommen, oft nicht einmal stubenrein – von erzogen ganz zu schweigen.“

So einer ist auch Bob, der etwa dreijährige süße Shih Tzu, der gerade bei Kirsten Simon an der Rezeption herumlaufen darf, weil er ein bisschen krank ist: Abgemagert und verwahrlost war er, als er gefunden wurde, seine Leberwerte waren schlecht. Dann kam noch ein Husten dazu. „Aber das wird jetzt alles schon viel besser.“

Menschen mit Hunde-Erfahrung gesucht

Ihn zu vermitteln dürfte nicht so schwierig werden. „Unser Problem sind nicht die netten kleinen Hunde, sondern die, die etwas schwierig sind“, erklärt die Chefin. Tiere, die schon mal gebissen haben, Tiere, die nicht so zutraulich sind. Für sie werden Halter mit Erfahrung gesucht, Menschen, die sich auskennen mit Hunden. „Ach, das wäre schön“, sagt Kirsten Simon. „Denn jeder Einzelne, der hier sitzt, sollte die Chance haben, seine Familie zu finden.“

Noch einen Trend kann Tierheimleiterin Kirsten Simon bei den Fundhunden ausmachen: Immer mehr von ihnen kommen aus dem Ausland. Über die implantierten Mikrochips lässt sich in vielen Fällen die Herkunft der Tiere bestimmen. Und da zeige sich: Viele seien aus dem Süden nach Deutschland gekommen, wahrscheinlich mit Tierschutz-Organisationen. Kirsten Simon schätzt die Arbeit dieser Vereine: „Wenn sie seriös arbeiten, ist das völlig in Ordnung.“ Aber nicht alle Tiere sollten hergeholt werden, schon gar nicht nach Bild auf Bestellung. „Ein Herdenschützer etwa hat hier im Ruhrgebiet einfach nichts verloren.“ Denn der beschütze im Zweifel nicht nur sein Herrchen, sondern gleich die ganze Straße. „Damit tut man sich und dem Tier hier keinen Gefallen – und wo landen die Problemfälle dann am Ende? Bei uns im Tierheim.“

Bei Kauf von privat sorgfältig hinschauen

Auch Hunde, die über Ebay verkauft werden, bereiten Kirsten Simon Bauchschmerzen: Natürlich könne man sich ein Tier von privat kaufen, aber dann müsse man doppelt sorgfältig hinschauen. Und das heißt: „Ein Impfpass wird sofort ausgehändigt und nicht später zugeschickt, beim Züchter muss man die Elterntiere sehen dürfen und man sollte sich, wenn man ein schlechtes Gefühl hat, nie mit einer rührseligen Geschichte belabern lassen“, rät die Tierheim-Chefin. Also: Vor dem Kauf gut überlegen. „Das ist eigentlich eine Sache des gesunden Menschenverstands.“

Dass Tiere ausgesetzt werden, betrifft übrigens nicht nur die Hunde: Selbst Vögel teilen dieses Schicksal ab und zu. Im Tierheim logieren derzeit mehrere Wellensittiche, die einfach vor die Tür gestellt wurden – mitsamt ihrem Käfig, versteht sich. Auch sie würden sich über eine Vermittlung sicher freuen.