Witten. . Ein Gespräch mit Förster Klaus Peter, der nicht nur für den städtischen Wald in Witten zuständig ist. Warum sein Beruf alles andere als idyllisch ist.
Er trägt keinen grünen Lodenmantel, hat keinen Dackel an der Leine und kein Gewehr geschultert: Stadtförster Klaus Peter hat mit TV-Kollegen, wie man sie aus älteren Heimatfilmen kennt, so gar nichts gemein. Ein Förster muss heutzutage ein guter Zeitmanager sein, Sitzfleisch im Büro beweisen und verbringt – leider – viel zu wenig Zeit im Wald. Ein Gespräch mit dem 56-Jährigen über seinen Beruf, Wittens Wald und Zeitgenossen, die keine Buche mehr von einer Eiche unterscheiden können.
Für wieviel Wald sind Sie verantwortlich?
Ganz wichtig: Nur für den städtischen Wald. Das sind rund 700 Hektar (sieben Millionen Quadratmeter). Die vier großen Waldgebiete sind in Vormholz, Buchholz, auf dem Hohenstein und im Herrenholz. Die machen zusammen rund 420 Hektar aus, der Rest verteilt sich über die Stadt. In Witten gibt es aber auch noch rund 1000 Hektar Privatwald. Hierfür ist mein Kollege Maximilian Bremes in Wetter zuständig. Was viele Leute nicht wissen: Er ist beim Landesbetrieb Wald und Holz angestellt. Mein Arbeitgeber ist der Regionalverband Ruhr.
Wie geht es dem Wittener Wald?
Nicht gut. Fast alle Bäume sind mehr oder weniger durch Luftschadstoffe geschädigt. Das sieht man nicht unbedingt, wenn man als Spaziergänger auf den vorgeschriebenen Wegen bleibt. Denn am Wegesrand werden ja Bäume, die abgestorben sind, weggenommen. Aber wenn man mal nach oben guckt, sich etwa eine Rotbuche ansieht, die ihre trockenen Zweige einrollt, das geht aufs Konto Luftschadstoffe. Sauberere Autos, eine noch sauberere Industrie könnten da viel verbessern.
Ein Paar macht mit seinem kleinen Kind einen Morgenspaziergang auf dem Hohenstein. Wittens grüne Lunge. Foto: Walter Fischer / FUNKE Foto Services
Welches sind die häufigsten Bäume im städtischen Wald?
Jeder dritte Baum ist eine Rotbuche, ein weiteres Drittel sind Nadelbäume – also Fichten, Tannen, Kiefern, Lärchen. Das restliche Drittel verteilt sich auf Eichen, Buchen, Ahorn, Erlen, Pappeln.
Sie sind auch mit Kindern unterwegs. Wissen die noch, welcher Baum da vor ihnen steht?
Leider nein. Ich bin in einem Dorf in Niedersachsen aufgewachsen, in der Nähe von Göttingen. Da war man als Kind in der Natur, wusste so etwas. Wenn ich auf dem Hohenstein Kinder zu Besuch habe, kennen die sich meist noch an den Tiergehegen aus. Aber viel weiter waren sie noch nicht. Die Leute gehen ja eigentlich gar nicht mehr spazieren. Selbst Acht- und Neuntklässler erkennen keine Eiche, keine Kastanie, keine Buche. Wenn die Kinder Grünes sammeln, um unsere Rehe im Gehege zu füttern, warne ich sie vor Brennnesseln. Sie greifen trotzdem rein. Weil sie nicht wissen, wie Brennnesseln aussehen. Ich bekomme Anrufe von Eltern, die sich darüber beschweren, dass ein Wildschwein beim Füttern nach ihrem Kind geschnappt hat. Dass man beim Füttern eines Tieres vorsichtig sein muss, weiß man doch.
Wenn man im Wald ist, begegnet man nur selten Forstleuten. Dafür sieht man Bäume mit Ästen, die vielleicht beim nächsten Sturm herunterfallen oder auch Bäume, die eine Schlagseite haben.
Also nicht jeder schiefe Baum muss gefällt werden. Wenn der immer so gewachsen ist, kann der durchaus mit seinem Wurzelwerk fest im Boden stehen. Ich habe für meine Arbeit noch fünf Mitarbeiter. Wir können wirklich nicht jeden trockenen Ast entfernen. Einen Wald betritt man auf eigene Gefahr. An Stellen, wo wir die Leute „hinlocken“ durch Tiergehege oder Sitzbänke, achten wir natürlich darauf, dass dort alles in Ordnung ist. Muss ein Baum gefällt werden, weil er eine Gefahr darstellt, müssen wir Firmen beauftragen. Denn wir verfügen nicht über genug Maschinen, besitzen zum Beispiel keinen Schlepper.
Sie haben noch nicht einmal einen Hund.
Früher hatte ich einen Weimaraner. Aber ich habe für einen Hund keine Zeit mehr. Der braucht ja auch ausreichend Bewegung. Neben dem Wald in Witten muss ich mich auch noch um Waldstücke in Hagen, Breckerfeld und Herdecke kümmern. Das sind noch einmal rund 700 Hektar. Deshalb bin ich auch nicht täglich in Witten. Ein Viertel meiner Arbeitszeit verbringe ich im Auto, um zu den jeweiligen Waldstücken zu kommen. 50 Prozent der Zeit sitze ich im Büro, weil wir auch viele Berichte schreiben, Statistiken anfertigen müssen. Und nur ein Viertel meiner Arbeitszeit bin ich im Wald.
Klaus Peter markiert eine kranke Birke. Die Forstleute wissen so, dass sie den Baum beboachten müssen. Um zu entscheiden, ob er eventuell gefällt werden muss. Foto: Walter Fischer / FUNKE Foto Services
Warum wollten Sie als junger Mann Förster werden?
Ich hatte einen Onkel, der in der Nähe von Cloppenburg Förster war. Er konnte noch so arbeiten, wie sich das Laien vorstellen, wenn sie an den Beruf eines Försters denken. Er hatte auch noch ein Forsthaus im Wald. Meine Frau und ich leben in einer Wohnung in Wuppertal-Barmen. Wir haben meinen Onkel früher häufig in den Sommerferien besucht. Ich wollte auch viel in der Natur sein. Ich habe über fünf Jahre auf einen Studienplatz in Göttingen gewartet und noch eine Lehre als Landschaftsgärtner gemacht. Als ich mit meiner Ausbildung als Diplom-Forstwirt fertig war, habe ich eine Anstellung im Ruhrgebiet gefunden. Seit 2001 bin ich Stadtförster von Witten.
Welche Tiere leben frei im Wittener Wald?
Wir haben kein Rotwild, aber Rehe. Es sind viele Tiere, aber nicht zu viele. Rehe fressen gerne Knospen von Bäumen. Man sieht das, wenn man aufmerksam unterwegs ist. Es gibt Füchse, die man auch schon mal in der Stadt sieht. Wir haben einen guten Bestand an Dachsen. Vor Füchsen muss übrigens niemand Angst haben, In Deutschland gibt es keine Tollwut mehr.
Zieht es einen Förster auch im Urlaub in die Natur?
(lacht) Ich mache auch gerne Städtetouren. Denn wenn ich woanders im Wald bin, kann ich schlecht abschalten. Dann gucke ich, wie arbeitet der Kollege dort. Eine Berufskrankheit.