Witten. . Die gefährliche Pflanzenart breitet sich in den Ruhrauen ungehindert aus. Eine Schafherde könnte das Problem lösen – und nicht nur die.
Steht man auf der Nachtigallbrücke und schaut in Richtung Bommeraner Ruhrbrücke, sieht man entlang des Flusses ein Meer von weißen Blüten: Bärenklau, soweit das Auge reicht. „Wir vermeiden es, dort mit unserem Hund herzugehen“, sagt eine Spaziergängerin. Sie wird den Weg noch länger meiden, denn unsere Recherche ergab: Niemand will für die Beseitigung der aggressiven Doldenblütler zuständig sein.
Die Ruhrwiese unterhalb des Stahlwerkes: zugewuchert. Die Fläche hinter dem Schwalbe-Anleger Nachtigall: zugewuchert. Die Ruhr-aue in der Nähe des Schleusenwärterhäuschens: zugewuchert. Der Bärenklau, auch Herkulesstaude gennant, erobert seit Jahrzehnten Stück für Stück die Ufer. Um die Pflanze zurückzudrängen, müsste man sie „sofort restlos ausgraben“, sagt Bernd Ammersilge von der Grünflächenabteilung der Stadt.
Experte: Nur flächendeckende Bekämpfung erfolgreich
Aus Sicht des AVU-Verantwortlichen Klaus Dühmen ist der Bärenklau nur mit einem Großprojekt zu bekämpfen. Sprich: Entlang der ganzen Ruhr müssten die Herkulesstauden gleichzeitig bekämpft werden. „Sonst werden bei jedem Hochwasser wieder neue Samen angespült“, so der Fachmann. Nach seiner Beobachtung erfährt der Bärenklau-Bewuchs nach jedem Hochwasser einen neuen Schub.
Der Riesenbärenklau bildet photosensibilisierende Substanzen (Furocumarine) aus, die mit Sonnenlicht phototoxisch wirken. Berührungen können zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen, die schwer heilen und wie Verbrennungen erscheinen (Photodermatitis). Beim Umgang wird vollständige Schutzkleidung empholen. Die Herkulesstaude wurde 2008 zur Giftpflanze des Jahres gewählt. (Quelle: Wikipedia)
Zuständig für die Flächen ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Das Gebiet sei nach der Übernahme von der Stadt aus der Nutzung herausgenommen worden, um der Fauna als stadtnaher Rückzugsort zu dienen, heißt es auf Anfrage aus Düsseldorf. Dringenden Handlungsbedarf sehe man nicht, da die Fläche nicht öffentlich sei. „Die Verbotsschilder werden immer wieder durch Vandalismus entfernt“, so Pressesprecher Christian Brämswig.
Also wuchert der Riesenbärenklau fröhlich weiter. „Die Stauden nehmen wirklich überhand“, sagt Dieter Stute. Der Lüdenscheider fährt regelmäßig den Ruhrtalradweg entlang. „In Wetter gab es eine riesige Fläche, die nun befreit wurde“, berichtet der 64-Jährige.
Für die Rad- und Wanderwege im Stadtgebiet ist die Stadt Witten zuständig. Man sorge dafür, „dass Rad- und Wanderwege frei sind“, sagt Stadtsprecherin Lena Kücük. Tatsächlich stimmt das für diese Wege, etwa an der Nachtigallbrücke – doch die nächste Generation Bärenklau kündigt sich am Rand schon wieder an.
Vorbild Herdecke
Eine Möglichkeit der Bekämpfung könnten auch Schafherden sein, wie sie zum Beispiel in Herdecke eingesetzt werden. Lange Jahre half der Kommune dort auch eine Privatinitiative, die Herkulesstaude in Handarbeit zu bekämpfen. „Doch seit zwei Jahren ist das etwas eingeschlafen“, sagt Ralf Grunwald, Leiter der Abteilung Umwelt und Freianlagen der Stadt Herdecke.
Klaus Dühmen, bei der AVU unter anderem für das Wasserwerk an der Bommeraner Ruhrbrücke zuständig, könnte sich ebenfalls für die Fläche entlang der Ruhr den Einsatz einer Schafherde vorstellen. „Man muss nur einen Schäfer finden“, sagt er. Die AVU, die gemeinsam mit den Stadtwerken das Werk betreibt, sei jedenfalls nicht zuständig. „Uns gehört nur die Fläche bis zum Mühlengraben. Und die ist nicht öffentlich“, so der Wittener.
Rad- und Wanderweg
Er hat aber noch einen weiteren Ratschlag: Für die Ruhrauen könne er sich auch eine Erschließung mit einem Rad- und Wanderweg vorstellen. „In das Konzept kann dann auch gleich eine Bekämpfung der Stauden eingearbeitet werden“, schlägt Dühmen vor. Seine Idee habe er auch schon mehrfach den Planern ans Herz gelegt – die zuständige Bezirksregierung (hier: Arnsberg) verweist da allerdings auf das nächste Jahr.
Inzwischen haben auch die Grünen im Wittener Rat das Thema aufgegriffen. „Die Überwucherungen sind aus gesundheitlichen Gründen nicht hinnehmbar“, heißt es in einer Anfrage der Fraktion an die Stadt. Die Umweltpartei erkundigt sich nach Möglichkeiten, den Herkulesstauden eine Radikalkur zu verpassen – sie nach der Blüte auszugraben und zu vernichten. Die Grünen wollen wissen, wie teuer eine solche langfristig angelegte Bekämpfung würde – auch für den Fall, dass ein externes Unternehmen den Auftrag übernehmen würde.