Witten. . Begeisterung für Handy-App macht vor Witten nicht Halt. Jäger der Monster organisieren sich bei Facebook und treffen sich vor der Sparkasse.

Der Hype um die Smartphone-App „Pokémon Go“ hat auch Witten längst erreicht. An zahlreichen Stellen im Stadtgebiet sind die Jäger der kleinen japanischen Monster unterwegs. Zum wichtigsten Treffpunkt der Pokémon-Spieler hat sich die Hauptstelle der Sparkasse entwickelt. Die nimmt’s gelassen und springt sogar auf den Zug der Begeisterung mit auf. Für Montagnachmittag kündigt das Kreditinstitut eine große Pokémon-Jagd an.

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Ihren großen Höhenflug hatten die Pokémon um die Jahrtausendwende herum im Fernsehen und auf dem Game Boy. Nun feiern sie ihr Comeback – und zwar eines mit Pauken und Trompeten. Innerhalb kürzester Zeit ist „Pokémon Go“ an die Spitze der Download-Charts gestürmt. In dem Spiel geht es darum, Pokémon – es gibt 151 – zu fangen und zu entwickeln. Der Clou: Die App blendet die Fabelwesen an Orten der realen Welt ein. Augmented Reality (Deutsch: Erweiterte Realität) nennt man das. Man muss also raus und sich bewegen, um im Spiel weiterzukommen.

Drei Lockmodule vor der Sparkasse

In Witten befindet sich das Pokémon-Epizentrum auf der Ruhrstraße. Genauer gesagt: auf dem Vorplatz der Sparkassen-Hauptstelle. Hier gibt es gleich drei von wohl mehreren 100 virtuellen „Poké-stopps“ im ganzen Stadtgebiet. An diesen kann man Gegenstände für das Spiel bekommen. Und man benötigt sie, um sogenannte Lockmodule zu verwenden. Wird ein solches aktiviert, gibt es eine halbe Stunde lang ein wahres Pokémon-Spektakel. „Hier kann man gleich drei Lockmodule gleichzeitig aktivieren“, sagt Dennis Sonnenberg, der regelmäßig vor der Sparkasse auf die Jagd geht.

Ein virtuelles Pokémon auf dem realen Berliner Platz in der Wittener Innenstadt.
Ein virtuelles Pokémon auf dem realen Berliner Platz in der Wittener Innenstadt. © Funke Foto Services

Bei Facebook hat sich bereits eine Gruppe gegründet. Hier wird angekündigt, wann ein Lockmodul aktiviert wird. Fotos und Videos zeigen, wie mitten in der Nacht rund 20 Leute mit dem Smartphone vor der Hauptstelle stehen. Die Sparkasse nimmt es gelassen. Pressesprecher Klaus-Peter Nehm sprach am Freitag mit Spielern vor dem Eingang, während sein Kollege Carsten Hilgenstock selbst einige Pokémon einfing. „Wir haben nichts dagegen, so lange alles gesittet abläuft“, meinte Nehm. „Wir freuen uns, dass die Sparkasse auch in dieser Hinsicht ein Hotspot ist.“ Nehm kündigte an, dass man am Montag um 16 Uhr Lockmodule aktivieren wolle und jeder herzlich zur gemeinsamen Pokémon-Jagd eingeladen sei.

Virtuelle Arena im Freibad

Auch an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet tummeln sich die kleinen Monster. Auf dem Rathausplatz etwa befindet sich eine virtuelle Arena. Dort kämpfen die Pokémon gegeneinander. Im Annener Freibad oder am Kemnader See befinden sich ebenfalls solche Kampfarenen.

Auch Janine Bodenhausen, Jason Weitkämper und Melanie Bodenhausen-Weitkämper (v.li) hat das Fieber um die Pokémon erfasst.
Auch Janine Bodenhausen, Jason Weitkämper und Melanie Bodenhausen-Weitkämper (v.li) hat das Fieber um die Pokémon erfasst. © Funke Foto Services

Christopher Schube hat vor der Hauptstelle der Sparkasse schon richtig zugeschlagen: „Am Donnerstag habe ich hier 60 oder 70 Pokémon gefangen.“ Wer in dem Smartphone-Spiel „Pokémon Go“ erfolgreich sein will, der darf aber nicht an der Ruhrstraße verweilen.

Wasserpokémon auf dem Hammerteich

„Ich bin zum Hammerteich gefahren, um dort Wasserpokémon zu fangen. An der Burgruine Hardenstein habe ich nach Steinpokémon gesucht“, erzählt Fabrizio Pina. Ein guter Ort, um Wasserpokémon zu fangen, sei auch der Kemnader See. „Da gibt es auch viele Pokéstopps“, so Pina. Am Freitagnachmittag trafen sich am See einige Spieler, um dort gemeinsam auf die Jagd zu gehen.

Anders als übliche Computerspiele werden durch die neue Handy-App auch soziale Kontakte geknüpft. „Wir kannten uns vorher alle gar nicht“, sagt Dennis Sonnenberg. Er kam alleine zur Sparkasse – und geht mittlerweile in einer größeren Gruppe auf die Jagd. Mit dabei ist auch Patrick Martin. Er hat einen ganz heißen Tipp für alle, die in Witten ein seltenes Pokémon fangen wollen: „Auf dem Hohenstein gibt es ein Dratini zu holen.“

Patrick Martin zeigt, wie das Smartphone-Spiel funktioniert.
Patrick Martin zeigt, wie das Smartphone-Spiel funktioniert. © Funke Foto Services

Vorläufer: Schnitzeljagd und Geocaching

Einen solchen Trend hat es lange nicht gegeben. Die Ur-Form des Spiels mag wohl die Schnitzeljagd sein. Eine modernere Form existiert mit dem Geocaching seit einigen Jahren. Dabei gehen die Spieler mit GPS-Geräten auf die Suche nach Caches (Verstecke), in denen sich ein kleiner Schatz verstecken soll. Ein beliebter Ort für Geocacher ist das Muttental. „Pokémon Go“ arbeitet ebenfalls mit GPS-Daten und führt den Spieler anhand von Karten aus Google Maps durch die Gegend. Datenschützer haben deshalb schon mahnend den Zeigefinger gehoben.

Die „grauen Herren“ vor der Sparkasse bekommen Gesellschaft. Hier ist Marcel Seemann auf der Jagd nach Pokémon.
Die „grauen Herren“ vor der Sparkasse bekommen Gesellschaft. Hier ist Marcel Seemann auf der Jagd nach Pokémon. © Funke Foto Services

Die meisten Spieler in der Ruhrstadt stört das allerdings nicht. Sie ziehen weiter durch die Straßen – und wirken teilweise wie „Smombies“. Das Jugendwort des Jahres 2015 ist eine Kombination aus Smartphone und Zombie und beschreibt Leute, die ihre Augen nicht vom Smartphone nehmen können und dabei die Umgebung nicht mehr wahrnehmen. Auf Bahnhofstraße oder Rathausplatz treten solche „Gestalten“ aktuell vermehrt auf. Einige Wittener reagierten darauf zuletzt vermehrt genervt. „Man vermutet schon hinter jedem mit einem Handy einen Pokémon-Spieler“, meinte eine Wittenerin am Freitag.

Polizei: Keine Vorfälle in Witten

Pokemon GoIn Bochum gab es am Donnerstag das erste Pokémon-Knöllchen, in Witten gibt es bislang keine Vorfälle im Zusammenhang mit „Pokémon Go“. „Die Öffentlichkeitsarbeit hat offenbar gut funktioniert“, sagt Polizeisprecher Volker Schütte.

Die Polizei mahnt zur Vorsicht im Straßenverkehr. Aber nicht nur da. „Es gibt auch Verkehrsunfälle unter Fußgängern. Wir warnen davor, unaufmerksam zu sein“, meint Schütte. „Immerhin kommen die Leute durch das Spiel an die frische Luft.“