Witten. . Anwohner des Viertels in der Innenstadt pflanzen Blumen und pflegen Beete. Doch es gibt noch genug zu tun.
Wenn Haimo Hurlin oder Stefan Braun im Hohenzollernviertel Brötchen holen gehen, dann kann das schon mal etwas länger dauern. Denn ständig treffen sie Anwohner – und da bleibt es längst nicht mehr beim Gruß. Denn man kennt sich inzwischen dort, rund um Nord-, Beethoven- und Mozartstraße. Die rührige Nachbarschaftsinitiative, die seit 2012 für mehr Lebensqualität im Quartier sorgt, mündete im vergangenen Februar in der Gründung eines Verschönerungsvereins.
„Damit wollen wir das lockere Netzwerk organisatorisch unterstützen und Ansprechpartner für die Stadt sein“, erklärt Hurlin (62). Der Führungskräftetrainer lebt seit 20 Jahren in einem schicken Altbau an der Nordstraße, Stefan Braun (50), IT-Berater für Städte, wohnt mit seiner Familie direkt darüber. Beide gehen mit gutem Beispiel voran: Stockrosen und Hortensien blühen am Haus, weiße Geranien zieren die Blumenkästen vor den Fenstern. Direkt gegenüber liegt der Karl-Marx-Platz mit der neuen Boule-Bahn – der größten und sichtbarsten Errungenschaft der Initiative und „unser Kommunikationsgenerator“. Heimo Hurlin betont: „Die Bahn ist für alle und wir verleihen auch kostenlos Kugeln.“
Ein Fahrradstellplatz wäre schön
Andere Verschönerungen fallen nicht sofort ins Auge: die Tafeln etwa, die an einigen Häusern von deren Geschichte erzählen. Oder die fünf hölzernen Blumenkästen, die eher symbolisch fürs Aufblühen des Viertels stehen. Doch wer genau hinschaut, der entdeckt immer mehr Buntes und Schönes zwischen all den Häusern und parkenden Autos: Baumbeete verwandeln die Bürgersteige streckenweise in ein Farbenmeer. Anwohner pflegen das Stückchen Natur mitten in der Stadt.
Grünes Konzept soll Baumbestand retten
Das Hohenzollernviertel sei schon vor 150 Jahren als Quartier geplant worden, sagt Vereinsvorsitzender Heimo Hurlin. „Was unsere Vorfahren für uns getan haben, wollen wir für die nächste Generation erhalten.“
Der Baumbestand ist ein großes Thema. „Ein alter Baum nach dem anderen kippt um. Wir brauchen ein Grünkonzept.“
Aber natürlich gibt’s noch genug zu tun für den Verschönerungsverein. Neulich haben die Mitglieder – es sind noch nicht viele – bei einer Begehung die Bürgermeisterin, den neuen Stadtbaurat und die Klimaschutzbeauftragte auf die Situation am Platz der Gedächtniskirche aufmerksam gemacht. Unten, Richtung Beethovenstraße, stehen schäbige Altglas-Container. Die würde der Verein gerne verlagern, um Raum zu schaffen für einen Fahrradstellplatz mit Ladestation für E-Bikes und Elektroautos. Denn bisher parken Radbesitzer ihre Drahtesel wenig sensibel an Bäumen und teils mitten in den Beeten. „Aber“, sagt Hurlin, „wo sollen sie auch sonst hin?“ Das Problem wird sich vergrößern: Immer mehr junge Familien und Studenten, die mit Vorliebe auf zwei Rädern mobil sind, zögen in das Viertel. Hurlin und Braun sind optimistisch. Das Gespräch mit der Stadt sei gut verlaufen.
Realistische Lösungen suchen
„Wir wollen ja auch nicht rumnörgeln und spinnerte Ideen verbreiten, sondern gemeinsam mit anderen kluge und realistische Lösungen suchen“, sagt Heimo Hurlin. Auch mit den Gewerbetreibenden haben sie sich schon getroffen. „Hier gibt es immerhin 40 Arbeitsstätten. Und die haben ja oft andere Anliegen als die Anwohner.“
Gerade kommt Renate Schroeder (75) des Wegs. Sie wohnt seit 50 Jahren in der Gartenstraße und fühlt sich dort „sehr wohl“. Was sie sich wünscht? Sie lächelt Hurlin und Braun an: „Na, dass der Verein weiterhin Erfolg hat.“