Witten. . Altdeponie An der Schlinke wird trockengelegt. In zweimonatiger Bauzeit wird Schacht in Boden gesprengt, verseuchtes Wasser eingeleitet und gereinigt
Vor 50 Jahren wurde der alte Steinbruch oben an der Stockumer Straße als wilde Müllkippe genutzt. Jetzt muss die Deponie für 2,9 Mio Euro ausgetrocknet und saniert werden.
Denn aus der Altdeponie An der Schlinke in Annen sickern giftige Chlorphenole ins Grundwasser. Auch Dioxine wurden festgestellt. Fachleute des Ennepe-Ruhr-Kreises und des Verbandes für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV) stellten jetzt den Bürgern im Rathaus die Pläne vor. Rund 20 Anwohner waren zur Stelle.
Seit 2000 wird das verseuchte Grundwasser an Ort und Stelle abgepumpt, seit 2006 sorgen Aktivkohlefilter für eine Aufbereitung. „Aber jetzt reicht die Pumpenleistung nicht mehr aus, außerdem steigen die Kosten ins Unermessliche“, erläuterte Diplom-Geologin Sigrid Brüggen von der Abfall- und Bodenschutzbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises. Der Deponiekörper müsse trockengelegt werden, da es nicht möglich sei, die Schadstoffe einzukapseln.
Als Lösung setzt man die Erbstollentechnik ein, die aus dem Bergbau bekannt ist. Dabei wird ein 20 Meter tiefer und zehn Meter breiter Schacht am Rand der Deponie erstellt. Dann werden bis zu drei Bohrungen unter der verseuchten Bodenfläche durchgeführt. Durch diese 85 Meter langen Dränagen soll in Zukunft das kontaminierte Deponiewasser in den Schacht geleitet, gereinigt und wieder dem Grundwasser zugeführt werden. So wird vermieden, dass Schadstoffe ins Grundwasser gelangen.
„Wir werden mit einer Pilotbohrung beginnen. Wenn sie bereits erfolgreich verläuft, können weitere Bohrungen unterbleiben“, machte Geologin Brüggen deutlich. Was die Bauarbeiten schwierig macht, sind die örtlichen Verhältnisse. Der Boden besteht aus hartem Sand- und schmierigem Tonstein, außerdem quert eine große Starkstromleitung das Gelände in geringer Höhe. Da das Bohrgerät direkt darunter stehen wird, muss unbedingt ein Sicherheitsabstand eingehalten werden. Zudem ist die Stockumer Straße stark befahren und nahe der Deponie steht Wohnbebauung. Der Schacht soll meterweise gesprengt werden. Allein die Sprengarbeiten werden voraussichtlich zwei Monate dauern.
6000 Quadratmeter groß ist die Fläche, die nach Abschluss der Sandsteingewinnung von Anfang der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre als behördlich nicht genehmigte Müllkippe genutzt wurde. Im nördlichen Teil des ehemaligen Steinbruchs wurden Abfälle aus der Pentachlorphenol- und Holzschutzmittelproduktion sowie Rückstände aus Filterreinigungen, vermischt mit Werksabfällen von Industriebetrieben, abgelagert.
Die Schadstoffe wurden zum Teil in Fässer gefüllt, die dort abgekippt wurden und jetzt durchrosten. Auf der Deponie finden sich hoch toxische Dioxine und polychlorierte Chlorphenole. Das Niederschlagswasser sickert durch die Deponie und nimmt die Schadstoffe mit ins Grundwasser. Während die vorgefundenen Dioxine und Furane aufgrund ihrer sehr geringen Wasserlöslichkeit zumeist in der Deponie verbleiben und nur in schwachen Konzentrationen frei werden, sind die wasserlöslichen Chlorphenole deutlich gefährlicher. Die höchsten Konzentrationen wurden mit 3580 μg/l gemessen.
Den Schacht anzulegen, wird etwa ein Jahr lang dauern. Es muss gebohrt und gesprengt werden. Im Dezember oder im Januar 2017 sollen die Arbeiten beginnen, zunächst mit einer Bohrung. Die Kosten der Sanierung werden auf 2,9 Mio Euro geschätzt, zuzüglich bereits angefallener Kosten für vorbereitende Maßnahmen und die Planung in Höhe von rund einer Million Euro. Für mögliche Schäden an benachbarten Gebäuden sowie der gepflasterten Straße An der Schlinke durch die Bauarbeiten haften die Auftraggeber bzw. die Auftragnehmer. „Treten Schäden auf, so werden sie auf jeden Fall für die Betroffenen kostenlos beseitigt“, betonte Andreas Claussen.