Witten. . Die Galerie „Shona-Art“ zeigt neue Skulpturen aus dem Süden Afrikas. Dafür kommen manche Gäste sogar aus den Nachbarländern nach Witten.
Die geschlossenen Augen und das in die Länge gezogene Gesicht geben der schwarzen Skulptur aus Serpentin einen Ausdruck von Melancholie. Die Schlichtheit und die Anmut der nicht ganz eindeutig als Menschenkopf zu identifizierenden Steinfigur faszinieren ebenso, wie der Kontrast von weich polierten Flächen und scharf gemeißelten Kanten. Die Skulptur ist eines der Objekte der Galerie „Shona-Art“ auf Schloss Steinhausen, die seit 2002 Steinbildhauerkunst aus Simbabwe ausstellt. Am Sonntagmittag konnten Interessierte dort wieder eine Reihe neuer Kunstwerke bestaunen.
„Mein Onkel, der selber Steinbildhauer war, hat mich dazu inspiriert, Künstler zu werden“, erzählt Godfrey Matungamidze, von dem die eingangs beschriebene Skulptur stammt. Zusammen mit mehreren anderen simbabwischen Künstlern verbringt er den Sommer in Witten. Der 38-Jährige ist bereits zum zweiten Mal in der Ruhrstadt, die er sehr mag. „Das Wetter hier gefällt mir wirklich sehr.“ Kaum zu glauben, bei den grauen, schwülen Wolken die an diesem Tag über Bommern hängen und schon mal den einen oder anderen Schauer auf den Skulpturenpark niederregnen lassen.
Aber auch die anderen Besucher, die mitunter aus den Niederlanden und der Schweiz angereist sind, scheinen sich nicht an dem Wetter zu stören. Galerist Bastian Müller-Mühlinghaus muss eifrig rote Punkte an die Skulpturen kleben – das Zeichen dafür, dass das jeweilige Objekt bereits am Tag der Ausstellungseröffnung verkauft ist.
Der Wittener holt seit 2002 immer wieder Kunst und Künstler aus Simbabwe in die Stadt.
Während seines BWL-Studiums hat er ein Auslandssemester in Simbabwe verbracht: „Da bin ich Feuer und Flamme für die Shona-Kunst geworden“. „Shona“ bezeichnet die größte Bevölkerungsgruppe des Landes im Süden des afrikanischen Kontinents, wobei auch Menschen anderer simbabwischen Ethnien Steinmetzkünstler sind.
In ihren Skulpturen drücken die Künstler das Andenken an ihre Kultur aus und schaffen etwa figürliche Darstellungen von Mythen und Legenden. Auch die jüngere Generation der Steinhauer beruft sich auf alte afrikanische Motive, variiert diese aber durch ein Spiel mit dem Material.
Verschiedenste Deutungen
In vielen Objekten bei der Shona-Art-Ausstellung vermischen die Jungen etwa Serpentingestein mit Holz und Metall oder schaffen mehrere visuelle Ebenen.
Eine Skulptur etwa zeigt einen Vogel, der durch eine detaillierte Aushöhlung der Steinmitte einen Schatten bekommt. An den Flügelspitzen scheint er wiederum mit dem Boden, auf den sein Schatten fällt, verbunden zu sein. Die Darstellung der Skulptur ist ebenso mehrdimensional wie deren Deutungsmöglichkeiten: Einerseits kann man in ihr die Verbundenheit mit künstlerischen Traditionen, wie die für das Land so typische Darstellung von Vögeln, sehen. Andererseits vielleicht auch das von Armut geprägte, unfreie Leben in der simbabwischen Diktatur.