Witten. . Im Fokus steht der Fahrer eines Klein-Lkws, der mit seinem Spurwechsel eine verhängnisvolle Kettenreaktion auslöste.

Der tragische Verkehrsunfall auf der Autobahn 44 nahe der Anschlussstelle Witten-Stockum, in dessen Folge ein 18-Jähriger verstarb, wird nun in kleinteiliger Arbeit von der Polizei und Verkehrsexperten rekonstruiert. Die Schuldfrage soll geklärt werden. Es geht möglicherweise um fahrlässige Tötung.

Nach „ersten Erkenntnissen“, wie es die Polizei formuliert, hatte am Freitagabend ein 32-jähriger Fahrer eines Klein-Lkws die Spur gewechselt und dabei einen BMW übersehen, der von hinten angefahren kam. Der BMW-Fahrer bremste scharf und wich nach rechts aus, wo er mit dem VW-Kleinwagen des 18-Jährigen kollidierte. Beide Fahrzeuge überschlugen sich. Über die schrecklichen Folgen berichteten wir bereits: Der BMW-Fahrer, seine Beifahrerin und der Beifahrer des Kleinwagenfahrers wurden schwer verletzt, der 18-Jährige war am Montag im Krankenhaus verstorben. Doch wen genau welche Verantwortung trifft, möglicherweise strafrechtlich, kann die Polizei noch nicht sagen.

Man stehe am Anfang von längeren Ermittlungen, sagt eine Sprecherin der zuständigen Dortmunder Autobahnpolizei. Im Fokus dürfte dabei der Fahrer des Klein-Lkws stehen, der durch seinen mutmaßlichen Vorfahrtsverstoß die tragische Kettenreaktion scheinbar ins Rollen brachte und der sich zunächst vom Unfallort entfernt haben soll, ehe er sich bei der Polizei meldete. Auch welche Verantwortung möglicherweise den BMW-Fahrer trifft, könnte man derzeit noch nicht sagen, so die Polizeisprecherin.

Nun kommt Verkehrsexperten eine wichtige Aufgabe zu: Sie müssen Zeugenaussagen, Spuren und Unfallschäden in ein schlüssiges Bild „gießen“ und klären, was wann passiert ist und welcher Fahrer gegebenenfalls fahrlässig handelte. „Gutachter werden alles aufarbeiten“, kündigt die Polizeisprecherin an. „Es steht eine fahrlässige Körperverletzung im Raum, nun auch eine fahrlässige Tötung“, fügt sie mit Blick auf den Tod des 18-Jährigen an. Die Beamtin warnt vor Vorverurteilungen: „Es kann sich am Ende auch anders herausstellen.“

Erst vor kurzem musste sich ein 24-Jähriger vor dem Bochumer Amtsgericht verantworten: Die Staatsanwaltschaft warf ihm fahrlässige Tötung vor. Er war im August 2013 auf der A43 (Kreuz Bochum/Witten) mit seinem BMW in einen Fiat gerast. Dessen Fahrer starb, seine Kinder sind gelähmt. Entgegen der Anklage konnte das Gericht strafrechtlich aber keine Schuld des 24-Jährigen feststellen: Er sei nicht zu schnell gefahren und der Fiat-Fahrer sei plötzlich auf seine Spur geschwenkt. Es gab eine Freispruch. In einem anderen Fall war eine 60-Jährige zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden: Im Oktober 2012 hatte sie mit ihrem Auto auf der Wetterstraße gewendet und einen Motorradfahrer übersehen. Er starb an seinen Verletzungen.

Wie lange die Ermittlungen im Falle des tödlichen Unfalls auf der A44 dauern werden, ist laut Dortmunder Autobahnpolizei noch offen. Nach der Polizei wird die Staatsanwaltschaft übernehmen. Sie kann letztlich auch Anklage erheben. Eine fahrlässige Körperverletzung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, eine fahrlässige Tötung mit bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.