Schon beim Gedanken an einen Milchshake wurde Silke Faßhauer schlecht. Hatte sie die Wahl zwischen einem Stück Kuchen und einem Mettbrötchen, entschied sie sich für das rustikale Brötchen. Irgendwann fragte sich die Wittenerin, ob das wirklich normal sei.

Sie ließ sich beim Arzt untersuchen. Diagnose: Laktose-Intoleranz. Bauchkrämpfe, Übelkeit, Verstopfung bzw. Durchfall und eine allgemeine Mattigkeit sind die Symptome dieser Unverträglichkeit. „Ich sag' immer Allergie dazu”, erzählt Silke Faßhauer. Damit die Leute auch kapieren, dass es wirklich ernst ist. „Die stellt sich ja nur an” ist schließlich ein Satz, der der 43-Jährigen schon mal zu Ohren kommt. Ein Heilmittel gegen die Laktose-Unverträglichkeit gibt es nicht. „Es gibt aber Tabletten, die die aufspaltenden Enzyme beinhalten und ersetzen”, erklärt Michael Teubner, Inhaber der Einhorn-Apotheke. „Das heißt aber nicht, dass ein Kunde dann unbegrenzt Laktose zu sich nehmen kann.” Damit die Laktose (Milchzucker) nämlich im Dünndarm aufgenommen werden kann, muss sie vorher in die Bestandteile Glukose und Galaktose aufgespalten werden. Fehlt das dafür zuständige Enzym Laktase, ist das nicht möglich. Bei einer Allergie dagegen wird das gesamte Immunsystem zu einer Überreaktion angeregt. Laktose ist nicht nur in den offensichtlichen Lebensmitteln wie Milch, Joghurt, Käse oder Eis enthalten. In vielen Gewürzmischungen wird sie verwendet, in Fertigprodukten oder in Soßenbindern, um das Verklumpen zu verhindern. „Das hat mich umgehauen”, gibt Silke Faßhauer zu. „Am Anfang habe ich beim Einkaufen jedes Teil in die Hand genommen und nach den Inhaltsstoffen geguckt. Das war eine sehr mühselige Geschichte.” Inzwischen, nach dreieinhalb Jahren, weiß sie, wo sie suchen muss. Teurer sind die laktosefreien Produkte natürlich dennoch. Aber sie helfen, die Lebensqualität zu verbessern. Einfach spontan eine Currywurst oder Pizza essen zu gehen, ist für Silke Faßhauer und ihren Lebensgefährten Matthias Roos allerdings nicht möglich. „Das macht nicht wirklich Spaß”, sagt die 43-Jährige. Auf dem Düsseldorfer Weihnachtsmarkt beispielsweise fand sie keinen Stand, an dem sie über die Zutaten der Snacks aufgeklärt werden konnte. Aber auch in Wittener Bäckereien kann ihr nicht immer geholfen werden, obwohl das Bundesverbraucherschutzministerium Ende 2005 eine Kennzeichnungspflicht verordnet hat. Anders sieht es im Geschäft von Otto Schluck aus. Zum einen hat der Fleischermeister eine Liste mit Inhaltsstoffen in seinem Laden ausliegen, zum anderen verwendet er für sein Wurst-Sortiment keine Laktose, sondern Dextrose. „Wir freuen uns als Fachbetrieb immer, wenn wir angesprochen werden”, versichert Otto Schluck. „Wir wollen helfen, damit die Kunden normale Nahrung zu sich nehmen können.” Da er die Wurst zu 90 Prozent selbst herstelle, wisse er auch, was drin sei. Das wissen viele – selbst in guten Restaurants – allerdings nicht. Zum Leidwesen von Silke Faßhauer, die sich oft genug ärgern muss. Einmal, als sie ihr Problem vorgetragen hatte, wurde sie in einer Gaststätte vom Personal gar als „Zumutung” bezeichnet: „Das war der Knaller!” Dabei ist ihr Anliegen eigentlich ganz einfach: Mehr Toleranz gegenüber Laktose-Intoleranten.