Witten. . David Usadel ist eigentlich Mediziner. Nebenbei hat sich der Herbeder als Designer selbstständig gemacht. Die Namen seiner Marken widmet er Tieren.

Wer sein Haus hoch oben in Witten-Herbede betritt, dem steigt sofort der herbe Duft nach Leder in die Nase. Das gesamte Erdgeschoss hat Dr. David Usadel für seine Handtaschen reserviert. Nein, der Wittener Mediziner sammelt die schlichten, aber formschönen Modelle nicht etwa, er entwirft sie.

In einem Zimmer entstehen am Schreibtisch die Skizzen, nebenan hat der 34-Jährige Platz, um die verschiedenen Taschen zu präsentieren. Fünf Grundformen gibt es – von der kleinen abendtauglichen Clutch bis zum voluminöseren Exemplar, in dem frau durchaus eine Menge unterbringen kann. Ein sechstes Ausgehmodell ist in Arbeit.

Er hatte schon immer Spaß an Mode

Alle haben eines gemeinsam: den diagonalen austauschbaren Riemen. Lange und kurze, schmale und breitere Henkel-Varianten in fast allen Regenbogenfarben gibt es. Mit ihnen kann, wer will, die Taschen in eher dezentem Schwarz, Braun oder Rosa aufpeppen. Doch bald sollen auch sie knalliger werden, zum Beispiel Fuchsia-Rot.

Zwei Brüder beim Model-Finale

David Usadel ist mit seiner Handtaschenkollektion am Samstag beim Finale des It-Model-Wettbewerbs in Essen vertreten. Jede der 15 Finalistinnen trägt ein Outfit mit einer Flamindigo-Tasche. Zu haben sind sie im Onlineshop und im Bochumer Modehaus Baltz.

Usadels Bruder Johannes (30), im richtigen Leben Landschaftsarchitekt und Baumpfleger, ist ebenfalls dort im Einsatz. Auch er hat jenseits des Hauptberufs einen neuen Wege eingeschlagen: Er mixt gern Cocktails und ist mit einer mobilen Bar unterwegs.

„Flamindigo“ nennt David Usadel sein Label und schmückt alle Taschen mit einem Flamingoanhänger. Ihm gefalle das exotische Tier. Und „Indigo“ solle an die Kulturgeschichte der Farbe erinnern. Weil er inzwischen selbst gemerkt hat, dass die Wortschöpfung etwas sperrig ist, steht seit kurzem ein zweiter Name als Prägung auf dem Leder: „Handtaschendoktor“ – so nennen ihn ohnehin alle. Auch seine Patienten.

Mehr als ein Wochenend-Hobby

David Usadel, der ab dem zwölften Lebensjahr im Südschwarzwald aufwuchs und später an der Uni Witten/Herdecke studierte, arbeitet als Allgemeinmediziner und Diabetologe in der Praxis Dr. Schmelzer an der Hauptstraße. In Teilzeit. Denn das Designen sei inzwischen mehr als ein Wochenend-Hobby. „Wenn es so weitergeht, müsste ich mich entscheiden oder bräuchte Unterstützung“, sagt Usadel, der bislang alles selbst managt.

Einige Taschen, die der Wittener Arzt David Usadel entworfen hat.
Einige Taschen, die der Wittener Arzt David Usadel entworfen hat. © Thomas Nitsche

2012 packte ihn das Bedürfnis, „mal etwas anderes zu machen, als sich mit Kranken zu beschäftigen“. Was nicht heißt, dass ihm sein Beruf keinen Spaß macht – im Gegenteil. Zuletzt hat er sich noch in Sachen Naturheilkunde fortgebildet. Weil er an Mode aber schon immer Spaß hatte, wurden Taschen seine neue Leidenschaft. „Es war total unvernünftig, aber etwas Eigenes.“

Auf der Suche nach hochwertigem Kunstleder

Als er sich von einer Mandel-OP erholen musste, verfeinerte Usadel die ersten Entwürfe. Dann suchte er auf Messen in Mailand und Paris nach einem Hersteller. Fast drei Jahre habe es gedauert, bis die Taschen seinen Vorstellungen entsprachen. Inzwischen lässt er in einem kleinen rumänischen Handwerksbetrieb fertigen, „weil es in Deutschland nur noch wenige Lieferanten gibt“. Bewusst habe er sich gegen Asien entschieden. Doch das schlechte Gewissen sei damit noch nicht beruhigt. Usadel hadert mit dem Material: „Ich dachte immer, Leder sei ein Abfallprodukt von Schlachtungen.“ Er musste sich eines Besseren belehren lassen. Und sucht nun nach einem hochwertigen Kunstleder. Nicht nur, weil er als Kind eigentlich immer Tierarzt werden wollte. Sondern auch, um den veganen Trend bedienen zu können. Nachfragen gebe es bereits.

Lange hat Usadel im stillen Kämmerlein gearbeitet. Er sei unsicher gewesen, was die Familie und seine Patienten davon halten. „Überraschenderweise waren alle begeistert.“ Selbst sein Großvater, inzwischen 90 und einer der ersten Kieferorthopäden Wittens, befürwortet den Einstieg seines Enkels in die Modebranche.

Patent schon beantragt

Stets ist der Selfmade-Designer bemüht, seine Produkte zu optimieren. Seinen neuesten Coup widmet er wieder einem Tier – dem Pfeilgiftfrosch: „Toxfrogs“ ist ein Handtaschenhalter in Form eines Karabinerhakens, mit dem die Kundinnen ihr bestes Stück im Restaurant an den Tisch hängen können. Das Patent dafür ist schon beantragt.