Witten. . Fahrer stehen oft stundenlang am Hauptbahnhof ohne Kunden. Doch wie schlecht geht es den Taxen tatsächlich? Welche Rolle spielt der Mindestlohn?

Wer am Hauptbahnhof in ein Taxi steigt, wird meistens freundlich begrüßt, die Fahrer freuen sich über die Kundschaft. Oft haben die Taxen schon einige Stunden dort gewartet, kann man dann erfahren. Doch geht es der Branche in Witten tatsächlich schlecht?

„Gute Unternehmen rollen, die stehen nirgendwo“: Taxiunternehmer Dieter Debald will vor allem mit gutem Service bei den Kunden punkten.
„Gute Unternehmen rollen, die stehen nirgendwo“: Taxiunternehmer Dieter Debald will vor allem mit gutem Service bei den Kunden punkten. © Funke Foto Services

„Gute Unternehmen rollen, die stehen nirgendwo“, sagt Dirk Debald, Inhaber von Taxi Debald. Weil er aber Mittwochsmittag vorm Bahnhofseingang wartet, fügt er schnell hinzu: „Das gelingt aber nicht jedem, auch uns nicht immer.“ Ja, das Geschäft sei in den vergangenen Jahren deutlich härter geworden, räumt der 52-Jährige ein. Deshalb hat er zu seinen beiden Taxen inzwischen auch einen Mietwagen für seine Miniflotte angeschafft. Als Notbehelf, denn weitere Taxikonzessionen sind nur schwer zu bekommen. Schwierig sei die Branche zwar vor 20 Jahren schon gewesen, doch für Kleinunternehmer, die zugleich Arbeitgeber sind, sei der Mindestlohn, der seit 2015 gilt, ein Problem. Denn er dünne das Angebot aus. „Ein Fahrer, der pro Schicht 100 Euro kostet und nur 50 Euro reinbringt, lohnt sich einfach nicht.“

Nicht nur in Witten, generell sei das Gewerbe härter geworden, sagt Dieter Zillmann, der Vorsitzende des Taxi-Verbands NRW. „Durch den Mindestlohn sind tatsächlich weniger Taxis verfügbar.“ Unternehmen müssten nämlich jetzt sehr genau planen, wann sie wo fahren lassen. „Ich sehe das Gewerbe aber nach wie vor positiv.“

Selbstständige würden etwa oft Zeiten suchen, zu denen größere Flotten ihre Angestellten nicht mehr fahren lassen. Ohnehin seien durch den Mindestlohn in Nordrhein-Westfalen noch keine Unternehmen kaputtgegangen. Vor dem Konkurs verkaufen Inhaber ihre Firmen samt Wagen und Konzessionen. So werden Flotten vergrößert oder ein Glücksritter steigt in den Taximarkt ein.

Absage an Dumpingpreise

Ans Aufhören oder Verkaufen denkt der Stockumer Dieter Debald noch lange nicht, aber er will weiter den „schweren Weg des hohen Preises“ gehen. Von Dumpingpreisen hält er nichts, anders als manche seiner Mitbewerber.

Zwar regelt das Gesetz, wie viel ein Wittener Taxi für Fahrten innerhalb des Ennepe-Ruhr-Kreises kassiert. Doch liegt das Reiseziel außerhalb, sind Angebote erlaubt. „Ich dürfte Kunden für 30 Euro nach Düsseldorf fahren.“ Mit solchen Preisen könnte Debald aber nicht überleben. Schon jetzt sei das schwer: „Die Regierung glaubt immer, alle Taxiunternehmer haben Jachten in Monaco. Dabei habe ich große Altersangst. Ich möchte als Rentner keine Flaschen aus der Mülltonne fischen müssen.“ Oft liege sein Gehalt nicht mehr über dem seiner Angestellten.

Manche Unternehmer tricksen offenbar beim Mindestlohn

Beim Mindestlohn zu tricksen, komme für ihn außerdem nicht in Frage – etwa, indem er seine Leute unterschreiben lässt, dass sie 8,50 Euro bekommen, obwohl er weniger zahlt. Das sei illegal, jedoch nicht selten im Taxigewerbe. NRW-Verbandschef Zillmann kennt solche Maschen, rät aber davon ab: „Wenn der Zoll aufschlägt, fängt die große Weinerei an.“ Er warnt die Politik außerdem davor, den Mindestlohn zu erhöhen: „Das wäre für unser Gewerbe tödlich.“

Indes wartet Dieter Debald weiter am Wittener Hauptbahnhof auf Kundschaft. „Von Einsteigern kann niemand mehr überleben.“ Seine Zukunft und die seiner Mitarbeiter sichern derzeit die Stammkunden und die Krankenfahrten.