Witten. . Bewohner des Ortsteils demonstrieren gegen Schließung ihrer Zweigstelle. Sparkassenvorstand verteidigt die Entscheidung, willigt aber in Gespräch ein.

Die Demonstranten sind nicht vermummt – nur gut eingepackt gegen die Kälte. Fast alle der zwei Dutzend Teilnehmer haben die sechzig längst überschritten. Einer ist mit dem Rollator da. Für mehr als die Hälfte der Bürger vom Schnee ist es die erste Demo überhaupt. Diese Demonstranten stimmen keine Sprechchöre an. Sie haben ihre Versammlung brav angemeldet und drücken dem Sparkassenvorstand, gegen den sich ihr Protest wendet, freundlich die Hand.

Infrastruktur im Stadtteil

Auch wenn der Protest äußerst zivil und gesittet über die Bühne geht, sind der Unmut und die Sorge über die zum Jahresende geplante Schließung der Sparkassenfiliale auf dem Schnee jedoch groß. „Eine Frechheit“, nennt sie Günter Schrick, der fast 60 Jahre dort ein- und ausgegangen ist. Alle beklagen den „Dominoeffekt“. Von einst fünf Läden ist seit der Edeka-Schließung nichts mehr geblieben. Ein Backshop, eine Apotheke und zwei Ärztinnen halten die Stellung. „Uns wird alles genommen“, beklagt Luise Holey (69). „Wir haben nicht einmal mehr einen Briefkasten oder eine Telefonzelle.“

Verändertes Kundenverhalten

Sparkassenchef Ulrich Heinemann (56) tritt mit dem Leiter der Zweigstelle Schnee, Patrick Nübel, zu den Demonstranten und verteidigt die Entscheidung des Vorstands. „Das Kundenverhalten hat sich verändert. Darauf müssen wir reagieren, sonst haben wir keine Chance“, so Heinemann. Die Hälfte der Kunden führten ihr Girokonto heute online. Einmal im Jahr nutzten sie im Schnitt eine persönliche Beratung. Zweimal im Monat gingen sie zum Automaten.

Warum die Sparkasse noch vor vier Jahren „Geld weggeworfen“ habe, um die Filiale Schnee umfassend zu modernisieren, will Bernd Dickhöner (74) wissen. Eine Niedrigzinsphase auf diesem Niveau und von dieser Dauer sei damals nicht absehbar gewesen, verweist Zweigstellenleiter Patrick Nübel auf die für alle Banken derzeit schwierigen Rahmenbedingungen.

Abstimmung mit den Füßen

Ungeachtet einer möglichen Abfederung des Übergangs: Am Ende will die Sparkasse durch die Schließung von Filialen ordentlich sparen. Um die noch abzuwenden, hätten die Bürger vom Schnee nicht mit 20 Mann kommen müssen, sondern mit 200.

Zudem haben die Kunden „mit den Füßen“ abgestimmt: 46 Prozent in NRW führen ihr Giro online – nicht alle, aber die Tendenz ist klar. Das ist bitter für alle, für die Filiale auch Treffpunkt ist. Aber will man von der Sparkasse verlangen, dass sie den Zug der Zeit verpasst?

Wenn die Schließung nicht abzuwenden sei, kann die Sparkasse Kunden dann nicht anders entgegenkommen, fragen die Bürger. Die Zahl ihrer „mobilen Beratungsteams“ will sie von drei auf vier erhöhen: Berater, die zum Kunden nach Hause kommen, auf Wunsch auch samstags.

Bargeldbringservice

Bärbel Bonnermann geht’s weniger um Finanzberatung als um „die kleinen Leute, die jeden Monat ihre Rente abholen und ihre Rechnungen bezahlen wollen“. Schon bisher gibt es für Kunden einen „Bargeldbringservice“, der zehn Euro kostet. Die 75-Jährige wünscht sich den Ausbau solcher Angebote – oder einen kostenlosen Fahrdienst als feste Einrichtung.

Heinemann stellte in Aussicht, die Gebühr für den Bargeldservice für Kunden der drei betroffenen Zweigstellen für eine Übergangszeit von sechs Monaten zu halbieren. Auf Wunsch der Initiative lädt das Geldinstitut seine Kunden vom Schnee auch zu einem Gespräch ins Sparkassenforum ein. Der Termin ist noch offen.

Protest abgekürzt

Der für vier Tage angekündigte Protest vor der Hauptstelle gegen die Schließung der Filiale Schnee wird Dienstag, 22. März, um 10 Uhr fortgesetzt, am Mittwoch und Donnerstag aber nicht mehr.

Das fünfköpfige Sparkassen-Team vom Schnee wechselt nach der Schließung (18. Nov.) komplett zur Filiale Siegfriedstraße, Nähe Holzkampschule.