Witten. . Der ehemalige Bewohner einer Obdachlosenunterkunft ist jetzt in einem Hospiz gestorben. „Steffi hilft“ hatte ihm kurz zuvor die Hochzeit ermöglicht.

Dirk ist tot. Der schwerkranke Bewohner einer Obdachlosenunterkunft in Witten, dem die Organisation „Steffi hilft“ seinen letzten Herzenswunsch erfüllte und vor etwa einem Monat eine Trauung am Krankenbett organisierte, ist am Montagnachmittag (14.3.) mit 48 Jahren in einem Dortmunder Hospiz gestorben. „Ich bin sehr traurig“, sagt Stefanie Neto Mendonca, die die Hochzeitszeremonie ermöglicht hatte, „aber für ihn war es sicher auch eine Erlösung“.

Die engagierte Wittenerin hatte Dirk in der Obdachlosenunterkunft an der Ruhr kennengelernt, in der sie seit einiger Zeit mit anderen Ehrenamtlichen nach dem Rechten sieht, putzt, aufräumt und sich um die Menschen kümmert. Die Ärzte hatten dem Todkranken eröffnet, dass er nur noch wenige Wochen zu Leben habe. Weil er sich nichts sehnlicher wünschte, als seine Verlobte Birgit, eine ebenfalls Wohnungslose, heiraten zu dürfen, eine offizielle Heirat aber aus formalen Gründen nicht möglich war, setzte „Steffi“ alle Hebel für eine würdige Feier im Evangelischen Krankenhaus in Bewegung – mit weißem Kleid, Pastor Jürgen Kroll, Ringen und Sektempfang.

Alle haben geweint

„Wir haben Dirk letzte Woche noch besucht“, sagt Stefanie Neto Mendonca. „Er hatte sich sehr verändert. Es ging ihm viel schlechter.“ Doch er habe sich noch einmal unter Tränen für die Zeremonie bedankt, von der er nie gedacht habe, dass er sie tatsächlich erleben dürfe. Als seine Mitbewohner von Dirks Tod hörten, „haben auch alle geweint“, erzählt Steffi, die viele nur „Frau Hilft“ nennen.

Inzwischen seien die Menschen in der Obdachlosenunterkunft zu einer richtigen Gemeinschaft geworden, fast wie eine Familie. „Sie essen zusammen, machen Spieleabende.“ Und sie passten jetzt auf Birgit auf, Dirks Witwe. Als Steffi Geburtstag hatte, haben sie für mich gekocht und mit mir gefeiert. „Ich war total gerührt.“ Das sind, sagt sie, „Menschen mit Fehlern und Macken, aber sie sind so lieb“. Inzwischen, freut sie sich, gebe es endlich Schränke in der Unterkunft. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniere gut. „Jeder tut sein Bestes.“

Steffi kümmert sich um Tiere und Menschen

Seit acht Jahren gibt es die Initiative „Steffi hilft“. Erst kümmerte sich die 42-Jährige vor allem um Tiere, jetzt stehen die Menschen im Mittelpunkt, besonders die Obdachlosen. Sie hilft bei allem, was man sich so vorstellen kann. Das können Kleinigkeiten sein („wir haben auch schon nachts um drei Tampons in die Unterkunft gebracht“), aber sie überredet Leute auch zu einem Entzug, wenn es sein muss.

Im November letzten Jahres hatte Stefanie Neto Mendonca Kontakt zu dem Obdachlosen-Verein „Unsichtbar“ aufgenommen, der sich im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis um die Menschen am Rande der Gesellschaft kümmert. Jeden Montag treffen sich Mitglieder beider Initiativen, um auf Rundgängen Obdachlose mit Decken, Kleidung, Getränken oder Hundefutter zu versorgen.

„Ich muss einfach helfen“

Warum sie das alles macht? „Ich muss einfach helfen“, erklärt sie. „Ich werde keine Kinder haben, nie Oma sein, möchte aber etwas zurücklassen auf dieser Welt.“ Wenn sie Menschen in Not sehe, dann reagiere sie wie eine Löwenmama. „Ich erlebe so viele Schicksale, da will ich nicht nur für mich leben.“

Dabei sei ihr der Respekt für den Einzelnen ein besonderes Anliegen. „Mein Ziel ist es, dass die Leute aus der Unterkunft raus in eine eigene Wohnung kommen. Das galt auch für Dirk. Aber damals kannten wir noch nicht das Ausmaß seiner Krankheit.“ Kurz nach der Trauung sei er in das Hospiz umgezogen, wo er noch etwa einen Monat verbrachte. Steffi wird Dirk und seine Hochzeit immer in Erinnerung behalten: „Die ganze Station stand kopf. Es war so herzzerreißend.“ Sie habe geweint – so wie jetzt nach Dirks Tod.