Witten. . Der CVJM-Posaunenchor ist ein Pfund, mit dem die Johanniskirchengemeinde wuchert. Seine Musiker mögen auch schräge Rhythmen.

Der Abend beginnt mit einer Atemübung: Alle im Saal heben die Arme, senken sie wieder und pusten dabei kräftig die Luft aus. Nein, wir befinden uns nicht in einem Gymnastikkurs, sondern bei der Probe des CVJM-Posaunenchors der Johanniskirchengemeinde. Denn „Luft, Luft, Luft“, die sei das A und O bei dieser Art von Instrument, erklärt Rolf Goldschmidt (78). Er ist der Senior des eigenständigen Vereins und bläst seit Jahren mit Begeisterung ins Horn.

Die anderen 30 aktiven Musiker spielen außerdem Trompete oder Tuba, Posaune oder Euphonium. Letzteres ist kleiner als eine Tuba und hat einen satten Klang. Stücke für den Familiengottesdienst am Ostersonntag stehen gerade auf dem Programm – und Fabian Sulzer gibt den Takt vor. Der 48-Jährige leitet den Chor seit 2013 ehrenamtlich und ist im Berufsleben Musiklehrer an der Blote Vogel Schule. „Ich bin einer, der sich viele Instrumente aneignen kann“, sagt Sulzer. Das Cello war eigentlich immer seins – bis er vor zehn Jahren über seine beiden Söhne, die auch im Chor spielen, die Trompete für sich entdeckte. Ihn fasziniere, wie schnell es möglich sei, das Instrument zu beherrschen. „Man bringt es durch Atmen in Bewegung, das hat was sehr Körperliches und ist verwandt mit dem Singen.“

Aus dem Bauch heraus

Auch seine Frau Cordula macht mit im Chor, überhaupt gibt es hier viele Familien. Sigurd Raffling zum Beispiel, Sulzers Vorgänger, ist mit Gattin Sybille und Sohn Sven an Bord. Manchmal, gesteht der 66-Jährige, gerate er bei modernen Stücken an seine Grenzen: „Wir haben früher gelernt, stur mitzuzählen und nicht aus dem Bauch heraus zu spielen. Aber das reicht bei schrägen Rhythmen nicht, dafür muss man ein Gefühl entwickeln.“ Nicht umsonst laute das Motto der Truppe: „Musik mit Herz und Mund“.

Zum Repertoire gehören beileibe nicht nur traditionelle Bach-Choräle, sondern auch Filmmusiken und andere populäre Stücke. „Wir achten immer darauf, die Gemeinde zu überraschen“, sagt Sigurd Raffling. Die weiß das zu würdigen und honoriere die Mühe gern mal mit „Standing Ovations“ – wie letzten Sonntag bei der Einführung der Presbyter.

Keine Nachwuchssorgen

Um Nachwuchs muss sich vielleicht auch deshalb hier seit zehn Jahren keiner sorgen: „Die Kids haben Spaß an der Musik“, sagt Fabian Sulzer. Das jüngste Mitglied ist gerade mal neun Jahre alt. Bald werden auch die Geschwister Lukas (10) und Lena (13) mitmachen, die seit einem Jahr Trompete lernen. Vor der Probe hat Sulzer mit ihnen geübt. „Ich finde, dass die Instrumente schön klingen“, sagt Lena.

„Bodenständig“ nennt Sulzer den Klang der großen Bläsergruppe, „aber voller Power“. Übrigens gehört auch eine Querflöte dazu. Das sei ungewöhnlich, aber Christina Micus kam, fand die Angelegenheit „sehr gesellig“ und blieb einfach hängen. Nun holt sie gerade Luft – wie alle anderen auch. Und dann erbebt der Saal im Johanniszentrum.