Witten. . Seit 1976 engagieren sich die Grünen Damen im Ev. Krankenhaus. Sie kümmern sich um Patienten, die keine Angehörigen haben – oder nicht besucht werden.
Vor 40 Jahren waren die Grünen Damen in Deutschland noch unbekannt. Das Ev. Krankenhaus Witten war am 1. März 1976 die zweite Klinik in NRW, in der eine Gruppe Ehrenamtlicher tätig wurde. Dazu gehörten Ingrid Kreuder, Heidrun Wegmann und Christl Gebert, die sich teils noch immer engagieren.
Idee stammt aus den USA
Das Markenzeichen der Grünen Damen ist der hellgrüne Kittel. Die Idee für den ehrenamtlichen Dienst im Krankenhaus stammt aus den USA, wo die Frauen „Blue Birds“ oder „Green Ladies“ genannt werden. Brigitte Schröder, Ehefrau des damaligen Außenministers Gerhard Schröder (CDU, nicht der SPD-Bundeskanzler), setzte die Idee der Krankenhaushilfen im Rheinland um.
Der damalige Krankenhausseelsorger Dieter Pfarre plante die Gründung in Witten. Ingrid Kreuder baute die erste Gruppe auf und leitete sie 33 Jahre lang. Interessenten fanden sich übrigens über einen Zeitungsartikel. Auch zurzeit sucht die Gruppe Verstärkung: Damen und Herren, die Lust haben, sich drei Stunden in der Woche zu engagieren, können sich melden: 175-6556.
40 Jahre in einem solchen Ehrenamt – „das wird heutzutage immer seltener“, glaubt Seelsorgerin Birgit Steinhauer. Denn die ersten Grünen Damen fingen ihren Dienst auf den Stationsfluren an, als ihre Kinder in den Kindergarten kamen – und man als Hausfrau und Mutter vormittags Zeit hatte. „Damals gab es nur wenige berufstätige Frauen“, sagt Ingrid Kreuder.
Auch Christl Gebert, die aus Stuttgart nach Witten gezogen war, meldete sich, um „mal rauszukommen. Das hat mir unheimlich geholfen, in Witten Fuß zu fassen“, sagt sie rückblickend. Mit 57 Damen und drei Herren begann die Gruppe 1976, heute sind – mangels Interesse – nur noch 27 Personen „im Dienst“. Dabei sind die Grünen Damen wichtiger denn je: Die Zahl der Patienten ist gestiegen, vor allem solcher, die keine Angehörige haben. Oder von ihren Verwandten einfach nicht besucht werden. „Teilweise ist das für mich sehr erschreckend“, sagt Marion Bockau. Die 63-Jährige engagiert sich erst seit kurzem, nach ihrer Berufstätigkeit, auf der Krebsstation.
Es gibt auch türkische Grüne Damen
Was machen die Grünen Damen eigentlich? „Das, was auch Angehörige bei einem Krankenhausbesuch auch machen“, sagt Ingrid Kreuder. Sich Geschichten anhören, vorlesen, das Wasser der Blumen wechseln, etwas einkaufen. Fahriye Bolulu und ihre Nachfolgerin Ayse Ari sind türkischstämmig und besuchen gezielt ihre Landsfrauen. „Manche älteren Türkinnen sprechen ja gar kein Deutsch“, sagt Birgit Steinhauer.
Puter-Braten unerwünscht
Schnell kommen die anderen Grünen Damen ins Plaudern. „Da bekommt man einen Wohnungsschlüssel in die Hand gedrückt und soll bei den Patienten zuhause den Kühlschrank ausräumen“, sagt Heidrun Wegmann. Mitunter vertrauen die Patienten den Damen mehr als ihren Angehörigen. „Ich sollte mal die Sparbücher besorgen“, plaudert eine aus dem Nähkästchen. Ingrid Kreuder, mittlerweile 88 Jahre alt, hat die beste Anekdote zur Hand. „Ein Patient hatte in einer Tragetasche einen Truthahn in die Klinik geschmuggelt. Der stand plötzlich vor uns, und fragte: Können Sie mir nicht den Puter braten?“ Die Damen lehnten übrigens ab.
Vor 40 Jahren begann der Dienstplan der Grünen Damen übrigens noch mit einer Bücherwagen-Runde durchs Haus. Die Buchausleihe wurde übrigens längst eingestellt. „Die Leute verbringen viel weniger Zeit im Krankenhaus als früher, da wird nicht mehr viel gelesen“, weiß Marion Bockau. „Und außerdem gibt’s jetzt WLAN.“