Witten. Die Stadtbibliothek verabschiedete sich am Samstag (27. Februar) vom Standort an der Ruhrstraße. Und die Besucher erinnerten sich an alte Zeiten.

Es ist ein Stück Wittener Geschichte, das nun zu Ende gegangen ist. Am Samstag öffnete die Stadtbibliothek an der Ruhrstraße zum letzten Mal ihre Pforten. Bis Juni zieht die Bücherei mitsamt ihren rund 100 000 Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Medien in den Neubau am Märkischen Museum um.

Seit 1968 beherbergte das inzwischen marode Gebäude an der Ruhrstraße wertvollen, amüsanten oder auch lehrreichen Lesestoff. „Ich habe hier immer erstklassige Bücher und die besten und aktuellsten Reiseführer gefunden“, so Susanne Gassmann. Seit über 50 Jahren zählt sie zu den treuen Kunden der Stadtbibliothek. Auf den Umzug freut sich die Sozialarbeiterin: „Ich komm dann im Bademantel und Puschen, um Samstagsmorgen die Zeitung zu lesen“, schmunzelt sie, die direkt „um die Ecke“ des neuen Standorts wohnt. Außerdem finde sie die Anbindung an das Museum gut: „Vielleicht wird dann gerade bei den jungen Besuchern der Bücherei auch die Neugier für das Museum geweckt.“

Viele Stammleser

Auch andere, langjährige Stammgäste versprechen sich viel von dem erneuten Umzug, denn ganz früher hatte die Bibliothek ihren Platz im Rathaus. Werner Paul ist von Anfang an dabei gewesen. Auf den alten Schwarzweiß-Aufnahmen in der Kinderecke der Bücherei ist er vermutlich auch zu sehen – als junger Bub mit kurzen Lederhosen und adrettem Hemd. „Hier wird man ja immer fündig. Selbst die Fachbücher für Ausbildung und Beruf konnte ich hier leihen“, so der 61-Jährige.

Vielleicht wird auch Bruno (4) irgendwann von solchen Erlebnissen berichten können. Zum Beispiel davon, wie seine Mutter plötzlich vor Freude juchzend ein Buch aus dem Regal zieht. „Guck mal, hier ist ja der Kasimir!“ Kasimir ist ein Biber, der lauter spannende Geschichten erlebt. Seiner Mama, so scheint es, hat es Kasimir auf jeden Fall angetan.

Lauschen mit allen Sinnen

Vielleicht erinnert sich Bruno aber auch an den Tag, als er mit seinem Freund zum „Lauschen mit allen Sinnen“ in die Bücherei kam. Bei dieser besonderen Vorlesestunde werden Geschichten nicht nur hör- und sichtbar, sondern durch Riechen, Fühlen und Schmecken zum Leben erweckt. Die damals herumgereichten Töpfe mit Kräutern überlebten in den Händen der Jungs leider nicht lange, weiß Mutter Xenia. „Die wurden probiert, gefleddert und seziert. Untersucht eben“, lacht die 43-Jährige. Gemeinsam mit seiner Mutter sucht sich Bruno dann noch schnell ein paar Bücher aus, bevor die Bücherei erst einmal eine Weile geschlossen ist. Ihn interessieren vor allem Sachbücher über Tiere oder die Feuerwehr – und natürlich die Geschichten vom Biber Kasimir.

Wunsch nach eigener Bushaltestelle

Wie Bibliotheksleiterin Christine Wolf freuen sich die meisten auf das, was sie an der Husemannstraße erwartet. „Wir haben da mehr Aufenthaltsqualität und eine tolle Jugendbibliothek.“ Außerdem könnten die Medien in dem Neubau viel zeitgemäßer präsentiert werden. Nur bei einigen wenigen mischt sich auch ein „Grummeln im Bauch“ unter die Neugier. Irmhild Fischer (78) hat Sorge, dass vor allem Kinder und Ältere den Weg über die stark befahrene Husemannstraße scheuen könnten. „Das ist einfach zu gefährlich“, sagt die mehrfache Oma. Aber vielleicht, so ihre Hoffnung, bekomme dieser Standort, an dem es eine Bibliothek und ein Museum zu besuchen gibt, auch eine eigene Bushaltestelle. Überhaupt wünsche sie es sich nicht moderner, sondern heimeliger und persönlicher. „Es ist so wichtig zu erfahren, was ein Buch bedeuten kann.“